DER TRUTTENDRUCK

Die Trutten (Truden) sind hexenartige Wesen, die den Menschen allerlei Böses antun. Am liebsten legen sie sich des Nachts jemanden auf die Brust, daß er arge Atemnot bekommt. Da hatte auch einer jede Nacht unter dem Truttendruck arg zu leiden. Ein Freund gab ihm den Rat, er solle sich am Abend vor dem Einschlafen eine Flachshechel mit den Spitzen nach oben auf die Brust legen, so werde sich, meinte der Ratgeber, die Trutte an den Eisenspitzen verwunden und ihn künftig in Ruhe lassen. Gleich in der nächsten Nacht versuchte jener das angeratene Mittel. Aber, o weh! Die Trutte kam, sah die Hechel, hob sie auf und stieß sie mit den scharfen Eisenspitzen dem Schläfer durch die Brust. So mußte der Arme seinen Wagemut mit dem Tode büßen.

Falkner, Christian, Sagen aus dem Ötztal, in: Ötztaler Buch (= Schlern-Schriften 229), Innsbruck 1963, S. 161
aus: Sagen und Geschichten aus den Ötztaler Alpen, Ötztal-Archiv, Innsbruck 1997