Berchta und der wilde Mann

In der Dreikönigsnacht gieng ein Alkuser Bauer nach Hause. Es lag aber so viel Schnee, daß er nur mühsam fortkam. Um auszurasten lehnte er sich an einen Baumstamm. Da kam plötzlich ein riesiger Kerl mit einer eisernen Stange, die ihm als Wanderstock diente. Der Bauer, dem in der Berchtennacht nicht geheuer war, wollte, konnte aber nicht entfliehen. Der wilde Mann gieng aber freundlich auf ihn zu und sagte:

"Ich bin heute so weit gegangen, daß ich müde bin und schlafen möchte. Sei so gut und bleibe auch bei mir. Wenn du aber ein Glöcklein klingen hörst, dann kommt die wilde Berchta, wecke mich sogleich mit der Stange, die ich dir gebe. Damit schlag mir auf die Nase, damit ich aufwache, denn ich habe einen knietiefen Schlaf."

Er schlief alsbald ein. Nach einiger Zeit hörte der Bauer ein Glöcklein, sprang, auf und rüttelte den Schläfer. Es wollte aber nicht helfen. Da schlug er mit der Eisenstange dem wilden Manne auf die Nase und schnell sprang er empor, und rief:

"Viel zu spat. Ich kann dir als Dank nicht mehr sagen als: Säe viel Roggen und Weizen, Magen und Bohnen!"

Mit diesen Worten lief er fort. Der Bauer folgte seinem Rathe und er hat es nicht bereut. (Iselthal, Bozener Zeitung 1881, Nr. 184.)

Quelle: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 40, S. 26.