DIE SCHWARZE KATZE
Ein Jüngling hattte sich gewaltig in ein schönes Mädchen der Umgebung verliebt und gieng daher öfter zu demselben abends in den Heimgarten. Doch sonderbar schien es diesem Liebhaber, dass auf dem nächtlichen Heimwege stets eine grosse schwarze Katze bis hart vors elterliche Haus nachfolgte. Zu wiederholtenmalen hatte er versucht, dieses unheimliche Thier zu verscheuchen, doch alle Versuche schlugen fehl. Weil dem Jüngling schließlich die Sache doch sehr bedenklich vorkam, so erzählte er das Vorgefallene seinem Herrn Pfarrer.
Paul Flora, Schwarze Katze
© EDITION GALERIE THOMAS FLORA
Dieser gab ihm den Rath, die Katze, falls sie ihm wieder einmal nachlaufen
sollte, zu fangen und dann zu Hause an einen Strick zu hängen. Der
Jüngling befolgte dessen Rath, erwischte die Katze, wie sie ihm wieder
auf dem Heimwege nachgieng, und band sie vor seinem Hause an einen Strick.
Als er frühmorgens aufstand und in höchst neugieriger Weise
Nachschau hielt, fand er zum größten Erstaunen und gewiss nicht
ohne Schrecken seine Geliebte todt an dem Stricke hangend.
Quelle: Sagen aus dem Paznaun und dessen Nachbarschaft,
Gesammelt und herausgegeben von Christian Hauser, Innsbruck 1894, Nr.
12, Seite 16