DIE FENKEN AUF BESUCH

Im Piller Walde (bei Fließ) wohnten in einer geräumigen Felsgruft, die noch gegenwärtig gut erhalten ist, zwei Fenken und eine "Fangga", drei Geschwister. Diese kamen öfter selbdritt oder auch einzeln bei kalter Witterung in das damals allein stehende Haus im Fuchsmoos, setzten sich auf den Küchenherd und wärmten sich. Sie waren wortkarg und beantworteten nur kurz die an sie gestellten Fragen. Eines Tages hatte sich die Fangga allein im genannten Hause eingefunden und saß gerade bei der warmen Herdplatte, als ein Fenke hastig in die Küche rannte und rief: "Geh, Wizi Wuzel, der Wizi Wuzel ist gestorben !" Die Fangga und ihr verstorbener Bruder hatten nämlich denselben Namen. Da stieg die Fangga eilends von der Herdplatte herab und sagte im Weggehen zu den Hausbewohnern:


"Hättet ihr mich mehr gefragt,
so hätte ich euch mehr gesagt;
Und wie man aus der 'Schotta' (Molken)
Hätte Wachs gemacht".


Von da ab ließen sich die Fenken nimmer sehen.

Quelle: Sagen aus dem Paznaun und dessen Nachbarschaft, Gesammelt und herausgegeben von Christian Hauser, Innsbruck 1894, Nr. 8, Seite 11