Geiz

Eine Bäuerin aus Versahl sei sehr geizig und eigenwillig gewesen, sodass es oft Streit und Unfrieden in der Ehe gegeben habe. Als sie nach so einer Auseinandersetzung davonlief und in das nur drei Häuser entfernte Elternhaus zurückkehrte, meinte der Mann zum Knecht:

"Dia weart glei wieder köma." (= "Sie wird gleich wieder kommen.")

Sie hatten nämlich einen dreijährigen Sohn, der natürlich täglich mehrmals zwischen den beiden Eltern hin- und zurückpendelte. Als der Bub wieder einmal beim Vater war, holte der einen " Kratta" (= "Korb") voll Eier aus dem Keller, tat das Schmalz von einer ganzen "Göpsa" (= "großes Holzgefäß") in eine große Pfanne und kochte alles zusammen auf dem Herd.

Von der Mutter danach befragt, was es denn beim Vater zum Essen gegeben habe, erzählte es der Kleine und meinte:

"Guat hamar's khött." (= "Gut hatten wir es.")

"Derzöll, was hat er braucht?"

Als er die Riesenmengen schilderte und im Einzelnen aufzählte, packte sie wieder der Geiz und sie kehrte sofort heim. Der Vater hat es ja vorausgesehen!

Quelle: 80 Jahre im Paznaun, Dr. Walter Köck, Landeck 2003, S. 225.