Das Teufelsprotokoll
Zu Gries im Sellraintale war bei einem Bauern eine Stallmagd angestellt, welche, wie die Tochter des Bauern bald heraus hatte, alle Pfinztage [Donnerstag] zum Hexentanz fuhr. Da bat eines Tages das Dirndl die Magd dringend, auch einmal mitfahren zu dürfen. Dieselbe willfahrte gerne und erklärte der Bauerntochter auch, falls es ihr bei den Hexen gefalle, brauche sie sich bloß im Teufelsprotokolle mit ihrem eigenen Blute zu unterschreiben. Gleich am nächsten Donnerstag, abends nach Betläuten, schmierten sich beide mit der Hexensalbe ein und fuhren mit dem bekannten Ruf:
Obn aus und ninderscht un!
zum Rauchfang hinaus und durch die Luft davon. Auf einmal saßen
sie in einem hell erleuchteten Saale vor einer fürstlich gedeckten
Tafel, an der noch viele andere Frauen und Dirndln und auch einige Burschen
versammelt waren. Unser Grieser Dirndl unterhielt sich hier sehr gut und
trat ohne Zögern auf einen abseits stehenden Tisch zu, wo der grüne
Jäger vor seinem Protokoll saß. Jetzt erst merkte das Dirndl,
welch greulicher Bocksgestank vom Tschaderwarschtl ausging. Obwohl sie
in dessen Nähe ersticken zu müssen glaubte, schnitt sie sich
doch mit dem dargereichten Messer in den Finger, tauchte die Feder in
den hervorquellenden Blutstropfen und wollte sich eben hinsetzen und unterschreiben,
als sie es auf einmal in dem Gestank nicht mehr aushielt und laut ausrief:
Jesses Maria, i konn nit! Bei Nennung der heiligsten Namen war Knall und
Fall der schöne Saal mit seinen vielen Insassen verschwunden und
das Dirndl befand sich bei Nacht und Nebel auf der höchsten Spitze
des dreigipfligen Saileberge bei Innsbruck, einem der berüchtigsten
Hexenplätze in Nordtirol.
Quelle: Das Teufelsprotokoll, Dörler, Tiroler Teufelsglaube, ZfVk. 9, 1899, 267 zit. nach Will-Erich Peuckert, Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 139, S. 84