Das verliebte Jöchl-Teufele.

Von der Griesener und Fischbacher-Alpe weist uns ein Ziehweg zum ansehnlichen Bauernhof Griesenau. Hier führt ein Sträßchen links durch das Kohlental nach Schwent und Kössen. Wenn wir aber ins schöne Leukental und nach St. Johann hinaus wollen, dann wenden wir uns rechts, und bald leitet uns der mäßig steigende Fahrweg in eine recht einsame Gegend, so einsam und düster, daß hier gewiß einmal etwas passiert sein muß. Dem ist auch so. Von mystischem Halbdunkel umgeben, steht unfern des Weges eine verfallene Hütte und daneben erhebt sich auf einem abenteuerlichen Felsblock eine kleine Kapelle, die Jöchl-Kapelle. Steigen wir auf den Stein zur Kapelle, so sieht man noch vor der Tür des Teufels "Kloo-Triitt" (Fußtritt), den er vor der Flucht aus Aerger eingetreten, weil man ihn mit der Erbauung dieser Kapelle hier vertrieben hat. Am Ueberboden der Kapelle ist zu sehen, wie  der heilige  Erzengel Michael  dem  auf dem Jöchlstein liegenden Teufel den Garaus macht. Es war aber auch Zeit, dem verliebten Teufel hier sein Handwerk zu legen, weil er es denn doch zu arg trieb und alle Mädeln in der ganzen Umgebung verführte. An traulichen Abenden saß er als schöner Jüngling auf dem Stein und spielte so verlockend auf seiner Geige verliebte Lieder, daß kein Mädchen zu Hause bleiben wollte; es zog sie alle unwiderstehlich zum Jöchlstein hin, wo es an herzlichen Flüsterungen des schlauen Teufelchens nicht fehlte. Wenn die Mädeln beim Flachsbrecheln zur nächtlichen Zeit sorgols unter sich frohe Lieder sangen, so sang eine immer gar so herzgewinnend schön, ohne daß sie es herausbringen konnten, welche. Zählten sie dann ab, so war immer um eine mehr und doch keine übrige dabei, worauf sie erschrocken auseinanderliefen; denn es war schon wieder das Jöchl-Teufele unter ihnen.
Besonders hatte er es auf die schöne Griesener Dirn abgesehen. Sie war eine prächtige Gestalt, etwas stolz, aber lustig, und eine vorzügliche Tänzerin, die sich nie genug tanzen konnte.  Da war sie einmal auf einer Tanzmusik, wo ihr all' die Tänzer nicht genügten und sie in Ihrem Uebermut den sehnlichsten Wunsch aussprach, nur einmal in ihrem Leben einen Tänzer finden, der so gut tanze. wie sie es wünschte, und der es so lange aushielte, bis sie einmal genug getanzt habe. Und siehe, bald kam ein schmucker Jägersmann, sang so schön wie keiner und als er mit ihr zu tanzen begann, sah sie, daß endlich ihr Wunsch erfüllt werde. Sie wurde in den Tänzer verliebt und er mußte ihr seine Liebe versprechen; er schwur ihr wohl Liebe und Treue, aber seinen Namen nannte er nicht. Als die schöne Dirne die folgende Nacht lange an ihrem Fenster harrte und lauschte, ob nicht ihr Geliebter komme, da hörte sie unter ihrem Kammerfenster mit krähender Stimme singen:

"Mich freut sonst nichts als der gestrige G'spoaß,
Daß die Griesener Dirn nit woaß, daß ich Kälberfu hoaß,"
Es War das Jöchl-Teufele.


Vergl. Alpenburg, Mythen und Sagen Tirols, S. 406, Tiroler Monatsblätter I, 392.                  

Quelle: Sagen aus dem Kaisergebirge, Anton Karg, Kufstein 1926, S. 49f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Leni Wallner, Mai 2006.
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