Eine Mariensage.
Zu Ehren Unserer Lieben Frau wurde im Weiler Duft eine Kapelle erbaut
und ein Gnadenbild dem frommgläubigen Volk ausgesetzt. Bei trockener
Witterung drang von der Straße Staub durch Türe und Fenster
und belegte Altar und Betschemel. Bei Tau- und Regenwetter aber schleppten
die Leute, die in die Kapelle traten, an ihren Sohlen den Gassenkot hinein,
so daß der Fußboden von der Landstraße bald kaum mehr
zu unterscheiden war. Diese Vernachlässigung ihrer Wohnung muß
der seligsten Jungfrau sehr mißfallen haben, denn eines Sonnabends
sah man die jungfräuliche Himmelskönigin, gleich einer Magd,
ganz emsig ihre Wohnung scheuern und fegen und die einfache Kapelle ward
so reinlich und lieblich wie noch nie.
Quelle: Schwazer Sagen und Volksmärchen, mitgeteilt von Alois Prantauer, in: Tiroler Heimatblätter, 9. Jahrgang, 1931, Heft 10, Oktober 1931, S. 346.