Der Marchegger
[Grenzsteinfrevler]

Ich wandert' einst im Lerchenthal [Lerchental].
Ein Häuschen nah am Wasserfall
Das lockt' zum Ausruh'n traulich hold.
Im Fenster brannte Abendgold,
Im Stübchen tönte Zitherklang,
Ach, wie mir das zu Herzen drang!
Ein Kieselbach rauscht' froh dahin.
Am Hügel sah ich Schafe zieh'n.
Jedoch die schwarze Klettergeis
Blieb meckernd in dem Felsenkreis.
Ich schritt hierauf zum Haus heran:
"Grüß Gott mein lieber Bauersmann!" -
Ein Handschlag, Milch und schwarzes Brod [Brot],
Das war der Dank für "Grüß euch Gott!"
Dann wurde bis zur dunkeln Nacht
Die Zeit erzählend zugebracht.
Ich rief als wir dann auserzählt,
"Ihr habt das beste Gut erwählt!"
Da schüttelte der Mann das Haupt,
Und sprach: ich hatt' es auch geglaubt.
Ein Himmel schien es - aber hört
Was täglich meine Freude stört:
So schön des Tags der Segen lacht.
So häßlich wird die Mitternacht,
Mein bester Acker dort im Grund,
Bricht auf zu einem Höllenschlund,
Draus steigt ein rother [roter] Feuermann,
Der fängt durch's Feld zu schreiten an.
Ein Geist, in dem der Teufel zückt
Der hat den Gränzstein [Grenzstein] einst verrückt.
Nun muß er glüh'n und büssen [büßen] schwer.
Und dieß [dies] - stört meine Freude sehr.-
Dann ging ich heim entlang dem Bach.
- Jetzt denk ich oft der Sage nach.
Das Eine wird mir da gewiß:
"Die Erde ist kein Paradies!"

Quelle: Märzenveilchen, Johann Nepomuk von Alpenburg, Innsbruck 1855, S. 24f