Das Geigerle

In der Wildschönau gieng einst ein lustiges Geigerlein in der heiligen Christnacht zur Mette. Bei einer "Badstube", an der ihn sein Weg vorüber führte, wollte er noch das Instrument stimmen und probieren, um sodann in der Kirche recht schöne und erbauliche Weisen aufspielen zu können zum Lobe und zur Verherrlichung des lieben Christkindleins. Er schwang sich, voll heilern Humors, wie immer, auf eine auffallend langbeinige "Brechl" und sagte:

"Und solltest du eine von den vielen Hexen sein, die in der "heiligen Christnacht" ihr Unwesen treiben, - just auf dir da will ich jetzt die Saiten anspannen und am Fiedelbogen den Kalfon nicht sparen."

- Er hatte noch kaum ausgeredet, da flog die Brechel mit ihm schon hoch durch die Luft davon. Erst nach langer schwindelnder Fahrt setzte sie ihn weit weg ans einem Berge ab, und der arme Spielmann hatte große Noth, durch den tiefen Schnee wieder zurückzukehren. Erst am andern Tag spät kam er zu Hause an. (Wildschönau.)

Quelle: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 38, S. 25.