Die faule Dirn

Auf den Schwendauer Wiesen waren die Bauern bei der Heuarbeit. Es war ein schwüler Sommertag, und die Leute beeilten sich mit der Arbeit, um das Futter unter Dach zu bringen, ehe das drohende Gewitter käme.
Einer Magd schien die Arbeit nicht recht von der Hand zu gehen. Sie stützte sich mehr auf den Rechen, statt damit zu arbeiten, und seufzte und stöhnte dabei, dass man allein schon vom Zuhören müd' werden hätte können.

Als sie wieder einmal innehielt und einen schweren Jammerer zum Himmel schickte, gewahrte sie dort ein kleines weißes Wölkl. Da rief die faule Dirn: "Mein Gott, war' ich doch auch so eine federleichte Wolke!"

Im selben Augenblick war die Magd verschwunden, und ein kleines Wölklein stieg aus dem Feld auf. Zu einer kleinen Wolke, die allein im Himmelsblau schwimmt, sagen die Schwendauer seither "faule Dirn".

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 84.