Die Hoagschtuan-Hexe

"Hoagschtuan" heißen zwei Bauernhöfe im Zillergrund. Der eine liegt unten am Fuß eines Hanges, der andere etwa zwei Steinwürfe weiter oben. Es ist schon lange Zeit her, da war die Bäuerin vom unteren Hof eine Hexe, die nur darauf aus war, ihr Besitztum zu mehren - wenn es sein musste, auch zum Schaden anderer. Sie hexte die Milch vom oberen auf den unteren Hof, sodass die Leute oben vor leeren Schüsseln standen. Sie ließ auch das Korn auf des Nachbars Feld im Unkraut ersticken, das Fleisch im Fass verderben und das Kraut verfaulen.

Als es ans Sterben ging, flog eine schwarze Krähe durchs Fenster und hockte sich ans Bett der Hexe. Die Hausleute vertrieben den Vogel wohl, schlössen auch das Fenster, aber nichts half. Der Vogel drang durch die geschlossenen Scheiben und war nicht loszuwerden. Erst als die schwarze Seele der Bäuerin den Leib verlassen hatte, verschwand auch der unheimliche Vogel. Zwar sagte es kein Mensch, aber jeder wusste es, dass die Krähe der Teufel selber war.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 115f.