Der Markstein

Ein Stück oberhalb von Hippach auf dem Schwendberg liegt die Fraktion Treuting mit den Anwesen "Veitler" und "Krapfer". Dort lebten vor langer Zeit zwei Bauern, die dauernd Streit miteinander hatten. Die alte Feindschaft rührte daher, dass einer der beiden den Markstein zwischen ihren Feldern beim Frühjahrsanbau immer heimlich ein kleines Stück versetzte und so seinem Nachbarn jedesmal einen Streifen Feldes wegnahm.

Der Bestohlene wusste darum und versuchte auch, zu seinem Recht zu kommen, aber vergebens. Als die beiden wieder einmal wegen des Grenzsteins in Streit geraten waren, rief der unredliche Bauer seinem Widerpart zu: "Du wirst mir noch einmal einen Dienst tun müssen, ob du willst oder nicht!" - Doch bald nach diesem Vorfall erkrankte er und starb.

Von diesem Tag an gab es im Haus des Verstorbenen keine Ruhe mehr. Kaum brach die Nacht herein, ging im Feld draußen ein Licht auf und nieder. Die Erben wussten sich keinen Rat mehr und baten den Nachbarn, er möge ihnen um Christi Willen helfen. Der ging in der nächsten Nacht dem Licht entgegen, das um den versetzten Markstein tanzte, nahm den Stein und brachte ihn an die richtige Stelle. Damit war die arme Seele erlöst und künftig kein Geisterlicht mehr zu sehen.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 86f.