Wie der Aschbacher Hof zur Pfarre Mils kam

Zu jener Zeit, als der Bezirk der gegenwärtigen Curatie Volders noch unmittelbar unter der Seelsorge der Pfarre Kolsaß [Kolsass] stand, also vor dem Ende des sechszehnten Jahrhundertes, geschah es, daß der Bauer zu Aschbach im Volderswalde an der Pest krank darnieder lag. Es ward der Pfarrer von Kolsaß gerufen, damit er dem Kranken die Sterbsakramente reiche. Der Pfarrer kam, blieb aber aus Furcht vor der Ansteckung in beträchtlicher Entfernung vom Kranken. Diesen zur Erweckung der Reue über seine Sünden ermahnend, zeigte er ihm die heilige Hostie mit der Lehre, sie nur anzusehen, und dabei eine gute Meinung zu machen, indem es dann so viel sei, als hätte er sie wirklich empfangen. Nach dieser Funktion eilte der Pfarrer nach Kolsaß zurück. Doch der Leidende, damit nicht zufrieden, ließ den Pfarrer von Mils zu sich bitten. Dieser kam bereitwillig, und versah denselben nach abgenommener Beicht ordnungsmäßig mit den heiligen Sakramenten. Gegen Erwartung genaß [genas] der Bauer. Als die Zeit gekommen war, zu der man die Zehendgebühr dem Pfarrer reichen mußte, fuhr der fleißige Aschbacher mit dem kornbeladenen Wagen nach dem Pfarrhofe von Kolsaß, und meldete dem Pfarrer, der eben das Fenster geöffnet hatte, sein Dasein mit den Worten, er möge nun den Zehend ansehen und dabei eine gute Meinung machen; dann sei es so viel, als hätte er ihn wirklich empfangen. Nach dieser Anrede wendete der Bauer den Wagen, und fuhr stracks den Weg nach Mils, wo er das Getreide im Pfarrwidum ablegte. Von jener Zeit an blieb auch der Pfarrer von Mils der ordentliche Seelsorger des Hofes von Aschbach. (Staffler I, S. 595.)

Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 1001, Seite 573f.