Frau Berchta in Laien [Lajen]

1.

Berchta ist eine lange, tief verschleierte Frau gewesen mit aufgelöstem, langem, wellendem Kopfhaare. Sie ist meist im Abenddunkel nach dem Betläuten gesehen worden, wie sie an der Spitze einiger kleiner, kläffender Hunde durch den mit Gestrüppe bewachsenen Gebirgsbach zwischen Tschöffes und Grödnerbach niederstieg.

Ein alter Schneider erzählte mir, er habe selber die kleinen Hundlen der Frau Berchta gesehen, wie sie einmal im Hofe eines Bauernhauses daherkamen. Er versuchte die kleinen Köter zu erwischen; aber so oft er einen in den Händen zu haben glaubte, war er wieder entwischt. (Laien. Pfarrer Jak. Tappeiner.)

2.

Beim Tscharluier war eine Steinlammer. Berchta, erschien bei einem Stock im Walde und gieng über die Wiese zu dieser Lammer. Darunter war ein Brunnentrog, in dem sich die sieben Hündlein, die sie bei ihr hatte, badeten. Darauf kehrte sie mit ihren Thieren [Tieren] zur Lammer zurück, giengen um dieselbe herum und dann zum Stock, wo sie verschwanden. Berchta wurde auch bei verschiedenen Höfen ohne Hunde gesehen. (Laien. El. Gaßer.)

3.

Ein Knecht des Wasserbauern im Laienerried wollte die "Tochter Berchta" mit ihren Hunden sehen. Er versteckte sich am Wege und
wirklich kam Berchta mit sieben Hunden daher; als sie am Knechte vorbeigieng, sagte sie:

"Hier ist ein bequemes Stöckl"

und schlug ihm ihr Beil in das Knie. Er fühlte keine Schmerzen, aber weder er selbst noch ein anderer vermochten das Beil herauszuziehen. Da rieth [riet] ihm der Pfarrer, an einem Quatembertage wieder an derselben Stelle auf die Berchta zu warten. Er that es und als sie vorbeigieng, zog sie dem Knechte mit den Worten:

"Sieh da ist mein Beil",


dasselbe wieder aus dem Knie. (Laien [Lajen])

Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 30, S. 20f