Die Hexe bei Ried

Schon vor mehr als hundert Jahren wurde eine Hexe bei Ried verbrannt. Sie trieb allerlei Kunststücklein, darunter folgende.

Eines Tages kam der reichste Bauer von ganz Ried zur Hexe und bat sie, daß sie doch auf die Alpe kommen sollte; es sei seiner fettesten Kuh der Fuß gebrochen, und nach Landeck wolle er nicht um einen Thierarzt schicken. Die Hexe versprach dem Bauern zu kommen, und sagte:

"Geh' nur voraus, ich werde schon nachkommen, wenn ich erst diese Salbe bereitet haben werde."

Als der Bauer beiläufig eine Stunde weit gegangen war, sah er eine Maus vorbeilaufen. Als er oben angekommen war, stand die Hexe schon dort. Der Bauer fragte sie:

"Ja, wie bist du denn da heraufgekommen, ohne mir begegnet zu sein?"-

"Ja, hast du nicht eine Maus hinauflaufen gesehen?" -

Die Hexe legte der Kuh eine Salbe auf, und das Vieh wurde gleich gesund. Ein anderes Mal hatte die Hexe kein Salz, um die Suppe zu salzen. Da setzte sie sich auf ihren Besen und ritt nach dem Haller Salzberg. Dort kaufte sie Salz, und ehe die Suppe sott, war sie schon wieder in ihrer Hütte. (Oberinnthal.)

Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 799, Seite 465f.