Die Kröte

Ein Weib von Holzgau gieng einmal an der Lechbrücke von Dürenau vorbei und sah eine abscheulich dicke Kröte am Wege liegen. Das Weib stieß sie mit dem Fuße ein wenig an und sagte: "Dir will ich auch pflegen, wenn du niederkommst." Nach einiger Zeit wurde das Weib zu einer Kindbetterin nach Hägerau gerufen und mußte dort die Pflegedienste thun. Als die Zeit um war, gab ihr die Kindbetterin einen vollen Sack als Lohn, mit dem Verbote, denselben zu öffnen, bevor sie zu Hause sei. Auf dem Heimwege aber wunderte sich das Weib, was denn in dem ziemlich schweren Sacke sein möge, und machte denselben auf. Da fielen Kohlen heraus. Unwirsch ließ das Weib die Kohlen liegen, nahm aber den leeren Sack mit nach hause. Als sie dann zu hause nachsah, fand sie im Sacke noch einige Goldflitter; hätte sie das Verbot beachtet, so hätte sie statt der vermeintliche Kohlen lauter Gold und reichen Lohn gehabt. Sie machte sich wohl auf und gieng die Kohlen suchen, aber sie fand nichts mehr. (Lechthal. Chr. Schneller.)


Quelle: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 328, Seite 196.