Doktor Teophrastus Paracelsus

Theophrast wurde ein Doktor, er war bald der berühmteste weitum. Einmal wurde er zu einem vornehmen Kranken gerufen. Er kam und sagte ihm: er möge nur frischen Muth fassen, wenn ihn auch alle Ärzte aufgegeben haben. Dann richtete er eine Mixtur ein und gab sie dem Kranken. Kaum hatte dieser getrunken, als der Doktor plötzlich verschwand. Der Patient bekam darauf fürchterliche Schmerzen. Wie diese heftiger und heftiger wurden, glaubte er, es gehe mit ihm zu Ende. Da gab er noch den Befehl, den Doktor, der ihn so schrecklich angeführt habe, zu tödten. Man suchte gleich überall herum, allein Theophrast war nirgends aufzufinden. Nach zwölf Stunden ließen die Schmerzen nach und augenblicklich stand Paracelsus unter den hocherfreuten Verwandten im Krankenzimmer. In Kürze war nun der Herr auf gesunden Füßen. Er bot dem Doktor glänzende Belohnungen an, aber dieser schlug jeden Heller aus. (Wildschönau.)

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Eine andere Sage lautet: Als Theophrast sah, daß gegen den Tod kein Sträuben mehr helfe, übergab er dem Diener ein Schächtelchen voll Pulver und sagte:

"Sobald mein Leib kalt geworden, zerhackst du ihn so klein du kannst, bestreichst den Brei mit diesem Pulver, dann thust Alles in ein Gefäß und machst es fleißig zu. Aber laß dir's gesagt sein, - und schau vor neun Monaten nicht hinein,"

Allein der Diener wurde neugierig, wie ein altes Weib, und schaute schon nach sieben Monaten in's Gefäß. Da zappelte darin ein kleines Kind, welches aber beim Zutritt der Luft sogleich starb. Hätte er es über sich gebracht zu warten, so wäre Parcelsus wieder jung und frisch in's Leben gekommen. (Wildschönau. Peter Moser.)

Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 813/2 u. 6, Seite 476ff.