Das Pechmannl zu See

Vor nicht gar langer Zeit hütete ein Pechmannl, wie die Zwerge im Paznaun heißen, bei See die Ziegen. Die Bauern hängten den Geisen das Essen für den Hirten auf die Hörner, weil das Männchen nie den Häusern nahe kam und die Menschen mied. Als der Sommer vorbei war, wollten sie dem Hüter einen Lohn geben und riefen deßhalb dem Männchen eines Tages zu, es solle sagen, was er am liebsten habe. Da besann sich das Pechmannl nicht lange und verlangte ein rothes Röcklein. Die Bauern ließen nun ein solches machen und banden es einer Ziege auf die Hörner. Wie das Männchen sein schönes Kleid sah, war es voll Freude, legte es an und rief den Bauern zu:

"Weil i a roathes Röckli on hon,
I numm d' Goas hüata konn."

und verschwand auf immer. (Patznaun.)

Quelle: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 97, Seite 62.