Der sonderbare Fund

Es gieng einmal ein Metzger von Schlitters nach Straß, um eine Kuh zu kaufen. Wie er in die Gegend des Aßholzes kam, sah er mitten auf der Straße ein Häuflein Weizen, der so schön und großkörnig war, daß er noch keinen ähnlichen gesehen hatte. Er füllte sich deßhalb eine Tasche damit und ließ den übrigen liegen. Dann gieng er seines Weges weiter und dachte nach, was ihm eine gute Kuh eintragen werde. Als er so in Gedanken in Straß angekommen war, merkte er plötzlich, daß der eingesteckte Weizen sehr schwer sei und die Tasche zu zerreißen drohe. Hurtig griff er hinein und zog zu seinem größten Erstaunen eine Handvoll uralter Silber- und Goldmünzen heraus. Sein ganzer Sack war voll Geld, nur der Rosenkranz lag zu unterst. Als er sich von seinem Staunen erholt hatte, lief er über Stock und Stein, um den Rest des goldenen Weizens zu holen. Doch umsonst, denn das Häuflein war spurlos verschwunden. Hätte der Metzger, wie er nach Straß gieng, das heilige Kreuz über den Weizen gemacht, hätte der ganze Schatz ihm gehört. (Zillerthal.)

Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 600, Seite 338f.