VOM LANSER SEE

An der Stelle dieses kleinen Sees, der in der Nähe der Lanserköpfe liegt, stand einst ein schöner Wald, der das Eigenthum eines Bauern war. Ein Edelmann warf sein Auge auf die stolzen Bäume, machte allerlei Rechte auf den Wald geltend und fieng endlich einen Prozess an. Da das Recht eine wächserne Nase hat und die Richter den reichen Herrn nicht im Stiche lassen wollten, verlor der Bauer den Wald. Darob ergrimmt rief er:" Eher dass der herrische ... den Wald bekommt, soll das Holz in einen See versinken, dass man keinen einzigen Stamm mehr sieht." Und sieh ! der Fluch erfüllte sich. Am folgenden Morgen war Wald und Weid verschwunden, und ein See zeigte an dessen Stelle den grünen Spiegel. Auch dieser See soll sehr tief sein. Einmal fuhr ein Bauernbursche auf einem Nachen hinein und wollte die Tiefe messen. Da begann der Kahn zu sinken und der Neugierige war froh, so bald als möglich aufs Trockene zu kommen. (Innsbruck.)

Quelle: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 224, Seite 140