83. Der Exorzist

In Reuthe im Bregenzerwald war ein Benefizpater, 's Joköble geheißen, der es wie kein zweiter verstand, Geister zu bannen. Wenn einer mit dem Teufel im Bunde war, konnte er ihn sogar noch auf dem Sterbebette den Klauen des Satans entreißen. War einem etwas entwendet worden und klagte man es dem Joköble, so brauchte man bloß in einen Spiegel schauen. Ein Geist, den 's Joköble im Ärmel aus Doren nach Schröcken hinein bannte, hat ihm dabei das ganze Gesicht zerkratzt. In einem Hause in Bezau hörte man oft vom Keller herauf einen Spektakel, als ob eine Sau drunten wäre. Alle Versuche, den Geist zu vertreiben, waren umsonst. Wie es vor Schreien und Grunzen nicht mehr auszuhalten war, mußte man halt 's Joköble holen. Als der Pater in den Keller hinunterkam, erschrak er fast selbst, denn er erblickte wirklich eine großmächtige Sau. Es gelang ihm aber, sie auf die Kanisfluh zu bannen, 's Joköble selber sagte, soviel Arbeit und Verlitt habe er noch mit keinem Geist gehabt; geschwitzt habe er dabei, daß die Kutte außen so naß war wie innen. — Später wurde 's Joköble nach Feldkirch versetzt. Aber auch dort suchten ihn die Bregenzerwälder häufig auf, ihn in den verschiedensten Angelegenheiten um Rat zu fragen.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 83, S. 65f