446. Der feste Fuchs in Gehren

Bei den großen Mengen Schnees, die der Winter auf den Tannberg bringt, ist es wohl erklärlich, daß in dieser Zeit alles Wild vom Hunger gequält wird. Namentlich Füchse müssen mit spärlicher Nahrung vorlieb nehmen und oft treibt sie der Hunger in die Nähe der Häuser, um da irgend ein Aas zu erwischen. Diesen Umstand benützen junge Burschen fleißig, um diese schlauen Raubtiere zu schießen.

So machten sich einmal in Gehren, das zur Pfarre Warth gehört, zwei junge Burschen auf. Mit geladenen Flinten hielten sie im Stall Wache. Auf einmal, es mochte gegen Mitternacht gewesen sein, erschien „auf dem Luder" (d. h. beim Köder) ein großer, prächtiger Fuchs. Schnell schoß einer der Jäger auf ihn; auf den Knall warf es den Schützen samt seinem Schießprügel bis an die entgegengesetzte Wand des Stalles mit solcher Wucht, daß ihm bald Hören und Sehen vergangen wäre. Die Fuchspasser erholten sich aber und eilten dem Fenster zu, um nach dem Fuchs zu schauen. Wie staunten sie, als sie sahen, wie der Kecke noch immer am Köder sich gütlich tat! Ohne etwas Böses zu ahnen, schoß der Mitwächter auch sein Gewehr ab. Es erging ihm nicht besser als dem ändern und der Fuchs rührte sich auch diesmal nicht. Da sahen die beiden ein, daß sie auf einen Butz geschossen, und auf diesen darf man nicht schießen, sonst kann es einem schlimm gehen.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 446, S. 249