102. Geißen und Kitzlein

Die Rinderalpe Schadona in der Gemeinde Schröcken grenzt an das Große Walsertal. Auf dieser Alpe hütete viele Jahre ein Wälder das Vieh. Er stand aber in Verdacht, daß er Geißen und Kitzlein stehle, die in der Nähe seiner Alpe auf der Weide waren; wenigstens soll er alljährlich Ziegenfelle auf dem Auer Markte verkauft haben, obschon niemand wußte, woher der Mann die Felle hatte. Bald nach seinem Tode war es auf der Alpe Schadona nimmer richtig. Als einmal im Spätherbst etliche Holzknechte in der Alphütte auf Schadona übernachteten, da ging die Türe plötzlich von selbst auf. Sie wurde wieder geschlossen und gesperrt, aber bald stand sie wieder offen; das wiederholte sich etlichemal. Andere hörten Geißen meckern und springen, wenn auch schon lange keine Ziegen mehr ausgetrieben wurden.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 102, S. 76f