DER KRÖNLEINDIEB

Zu Schnüfis erzählt man von den Ottern, die goldene Krönlein auf dem Kopfe haben. Ein Hirtenbub soll einmal ein ganzes Nest voll solcher Ottern entdeckt haben. Von weitem fiel ihm ein Krönlein ins Auge, das wie Diamanten funkelte. Die Ottern lagen gerade so Übereinander, daß sie ihn nicht gewahrten. Er schleicht näher, um das Krönlein der Königin zu erwischen, und sieht, wie sie zu einem Brunnen sich hinringelt und vor dem Trinken das Krönlein ablegt. Im Nu erwischt er die präditige Krone und lauft auf und davon, den Berg hinunter Schnüfis zu. Wie er schon weit drunten ist, merkt die Otter, daß ihr das Krönlein fehlt, und pfeilschnell schießt sie dem Buben nach. Es wäre ihm übel ergangen, wenn er die Krone nicht schnell weggeworfen hätte und davongesprungen wäre. So wenig als der Schnüfiser Bub hat sonst jemand ein goldis Krönele erwischt. Die Ottern dürfen es nicht zurücklassen, sie wehren sich auf Tod und Leben.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 110, Seite 106