DIE BREGENZERWÄLDERINNEN SCHLAGEN DIE SCHWEDEN

Vor dem Schwedenkriege hatten die Kleider der Bregenzerwälderinnen dieselbe Form und Gestalt, aber nicht dieselbe Farbe wie heutzutage. Während sie jetzt eine glänzendschwarze, faltenreich bis zu den Knöcheln hinabfallende Juppe und eine kegelförmige Kappe tragen, war die Farbe aller Kleidungsstücke damals weiß. Der Grund der Anderung soll dieser gewesen sein: als die Schweden nach der Einnahme von Bregenz sich an die Eroberung des Bregenzerwaldes machen wollten und auf ihrem Zuge bis hinter das Dorf Alberschwende kamen, erblickten sie auf einmal ober sich eine große Schar weißgekleideter Wesen, die mit geschwungenen Waffen auf sie herabstürzten. Staunen und Schrecken erfaßte die Schweden, so daß sie alsogleich zur Flucht sich wandten. Sie hielten die weißen Gestalten für himmlische Wesen, die gegen sie zum Kampfe heranrückten. Es waren aber nur Frauen und Mädchen aus dem Bregenzerwalde, die, als sie vom Anmarsch der Schweden hörten, wie Heldinnen Hauen, Pickel, Sensen und Heugabeln ergriffen, den Schweden entgegenzogen, sie auf ihrer wilden Flucht einholten und alle samt und sonders totschlugen. Als die Bregenzerwälderinnen später vernahmen, daß sie in ihrer weißen Kleidung den Schweden wie himmlische Wesen vorgekommen seien, hielten sie die Sache selbst für ein großes göttliches Wunder und gelobten zum Danke, die weißen Kleider abzulegen und gegen dunklere umzutauschen. Noch vor wenigen Jahren war im Gasthaus zum Engel in Bezau ein solches weißes Weibergewand zu sehen und wurde von der Wirtin als aus der Zeit vor dem Schwedenkriege herstammend bezeichnet.

Da dieser Sieg nachmittags um zwei Uhr erfochten wurde, so soll zu dessen ewigem Andenken in jenen drei Pfarreien, aus welchen die Siegerinnen waren, die noch heute geltende Gewohnheit entstanden sein, durchs ganze Jahr nachmittags um zwei Uhr, als der Siegesstunde, mit einer Glocke zu läuten.

Wegen dieses Sieges sollen auch die Weiber das Vorrecht erhalten haben, beim Opfergange in der Kirche um den Altar zuerst, d. h. vor den Männern, zu gehen und sogar ganz voran mit dem Pfarrer zu beten.

Der Platz am Fallenbach aber, der vom Blute der erschlagenen Schweden gefärbt wurde, heißt bis heute das rote Egg.

Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 12, Seite 59