Hexen und Katzen

Zu Widin, in Großdorf, sind in einem Haus zwei Weiber gewesen, eine Alte und eine Junge, und da haben sie einmal einen nicht mehr schulpflichtigen Buben, ein Michelchen, angestellt gehabt. Nun, das Ding ist gut, einmal am Sonntag hat Michel zu Hause bleiben müssen, und da sagt die Alte zu ihm: „Wenn dann die Katze kommt, so laß sie beileibe nicht herein und wenn sie noch so arg Schreie läßt und wüst tut. Gelt, Michele, du folgst mir?“ Nun die beiden Hexen sind da in die Kirche (gegangen) und das Michele ist allein in der Stube gewesen und hat gefeiert. Während der Messe kommt die Katze ans Fenster und hat herein wollen, aber das Michele hat sie nicht hereingelassen. Die Katze hat aber immer ärger angefangen zu schreien, bis es dem Michele verleidet ist und es das Fenster aufgetan und sie hereingelassen hat. Auf das hin sind riesig viele Katzen gekommen, alle Fenster voll, und auf der Kammer oben haben die Spinnräder angefangen zu surren und zu gehen, gerade ob man droben spinne. Das Michele hat sich gefürchtet, daß das Wasser dran heruntergelaufen ist und hat sich keinen ewigen Rat gewußt. Der Vormittag ist da auf diese Weise vergangen, und die beiden Hexen sind da auch heimgekommen. Wie sie in die Stube kommen, so hat das Michele furchtbar geweint und erzählt, wie es ihm ergangen sei. Da sagt die Alte zu ihm: „Ich hab' dir's gesagt, du sollest ja die Katze nicht hereinlassen; man muß halt gehorchen, Michele!“

Quelle: A. Schneider, Zwei Lokalsagen aus Egg, in: Heimat, 2. Jg., 1921, S. 47f, zit. nach Sagen aus Vorarlberg, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 24f