Der Mörder des hl. Fidelis

Es war in der harten, verwilderten Zeit des dreißigjährigen Krieges, als das ganze deutsche Reich der Streitruf zerriß: „Hie päpstisch, hie neue Lehre!" Da geschah es, daß St. Fidelis aus seinem Klösterlein zu Feldkirch auszog, um den Bauern in Seewis den alten Glauben zu predigen. Sie aber überfielen ihn in mordlichem Zorn, mit Morgensternen und Spießen stießen sie ihn nieder, und einer spaltete ihm mit dem Schwerte das Haupt. Tot sank Fidelis ins tauige Gras, und wo er starb, entsprang alsbald ein klarer Bronnen. In fünfundzwanzig Wassern quillt er, aus fünfundzwanzig Wunden ist der Heilige verblutet.

Den Mörder aber, der zum grimmen, tödlichen Hiebe das Schwert geschwungen, jagte es von der Stelle. Weder Ruhe fand er mehr noch Rast. Endlich trieb ihn harte Reue zur Pforte des Feldkircher Kapuzinerklösterleins. Tag und Nacht saß er dort im Vorhofe auf steinerner Bank und rührte an keine Speise und keinen Trank. Er hielt immer nur sein Schwert in Händen. Endlich zog es P. Johannes, den Freund und letzten Gefährten St. Fidelis', zu ihm hinaus. Er durchschaute sein Herz, und voll Erbarmen nahm er ihm beides ab, das Schwert und die Schuld.

Das ist es, was die Legende vom Mörder des hl. Fidelis erzählt, und noch wird das Schwert, das P. Johannes ihm abnahm, neben dem Mantel und Gürtel, dem Kreuz und Gebetbuche des Heiligen in einem Glasschreine der Kirche aufbewahrt.

Quelle: H. Hensler-Watzenegge, in: Rund um Vorarlberger Gotteshäuser, Heimatbilder aus Geschichte, Legende, Kunst und Brauchtum, Bregenz 1936, S. 7f