Das Frauenkloster in Altenstadt

Auf dem Petersfelde zu Altenstadt war, - wie nach einer alten Rankweiler Chronik früher in einem pergamentenen Briefe zu lesen gewesen, - ein kleiner Bildstock Unserer Lieben Frau. Dort trafen sich öfters zwei Mägde im Gebete und endlich beschlossen sie, daneben eine Klause zu erbauen, um daselbst stets in frommem Vereine und Andacht verweilen zu können. - Dies ist der Ursprung des Klosters Altenstadt.

Das Klösterlein war aber gar arm, denn kein mächtiger Herr hatte ihm Habe und Gut verliehen. And als eine Hungersnot ins Land kam, gerieten die frommen Frauen in bittere Drangsal. Sie hatten keine andere Speise mehr als Wurzen und Kraut, welcherhand sie es fanden. Da geschah es, daß die Oberin, nachdem sie eine halbe Nacht betend zugebracht hatte, von tiefem Schlafe umfangen ward und in diesem eine Stimme vernahm: „Steh' auf und gehe über Wege und Straßen, bis du an den Arlberg kommst, wo der heilige Christoffel steht, und von dort weiter bis in die große Stadt. Dort wird dir ein Engel begegnen, der euch Hilfe bringt und Trost!" Allsogleich stand die Oberin auf und machte sich mit einer Schwester auf den Weg. Sie gingen über Berg und Tal in großer Schwäche und Armseligkeit, bis sich die Türme von Innsbruck am Himmel abzeichneten. Als sie dort auf die Brücke kamen, die über den Fluß führt, trat ihnen eine Frau entgegen in schwarzem Kleide und Witwenschleier, die fragte, woher sie kämen so voller Trübsal. Und wie sie Rede und Antwort gaben und von ihrem Elend und Mangel erzählten und die Frau darauf erwiderte, sie hätte schon lange gewünscht, in ein armes Klösterlein einzutreten, erkannte die Oberin, daß diese Frau der Engel sei, von dem ihr die nächtliche Stimme gesprochen.

Miteinander kehrten sie um und die trauernde Wittib war eine reiche Gräfin. Nun hatte der bittere Mangel der Nonnen ein Ende und auch noch alles Volk im Umkreise genoß Guttat und Gaben. Die fromme, reiche Frau aber nahm nur Wasser als Trank und „ruch häbrin und gerstin Brot" als Speise und übte die Armut nach Christi Rat bis zu ihrem Tode.

Das von ihr neu aufgebaute Kloster aber besteht heute noch und lehnt sich an die alte Pfarrkirche, von der herüber die Glocke hallt mit der alten Inschrift:

"Ave Maria, Gottes Zelle,
Hab' in Hut, was ich überschelle!"

 

Quelle: Anna Hensler, in: Rund um Vorarlberger Gotteshäuser, Heimatbilder aus Geschichte, Legende, Kunst und Brauchtum, Bregenz 1936, S. 10f