ESSEN MIT DEM BUTZ

Eine Deihja auf der Gäfner Alpe, zuhinterst im Montavon, war ganz besonders verrufen wegen ihres Butzes. Zwei Gäfner ließen sich aber doch nicht abhalten, in dieser Deihja zu übernachten und zwar nach Heiligkreuzerhöhung. Die zwei Gäfner legten sich auf die Pritsche zur Ruhe. Sie lagen nicht lange, so wurden sie durch den Butz gestört. Sie hörten nämlich auf einmal ein ganz unheimliches Geräusch im Keller drunten. Nach einer Weile sahen sie eine landsfremde schöne Sennin aus dem Keller heraufkommen mit einem Licht in der Hand und Holz auf dem Arm; sie feuerte an und kochte ein Mus. Als sie bald damit fertig war, rief sie: "Kommt jetzt zum Essen". Die Männer spürten es eiskalt in den Gliedern und wollten nicht herbei. Sie rief zum zweitenmal recht eindringlich, und die auf der Pritsche trauten sich kaum noch zu atmen. Endlich sagte sie zum drittenmal: "Losnen, ich will euch kommen holen". Da erhoben sich die zweie und kamen zitternd vor Furcht herbei und halfen der landsfremden Sennin Mus essen. Das Gericht schmeckte ihnen vortrefflich, sonderbar aber kam es ihnen vor, daß das Mus dort, wo die Sennin aß, kein Loch bekam. Nach dem Mahle war die Sennin verschwunden, und die Gäfner legten sich wieder auf die Pritsche.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 201, Seite 151