SELBST TUN, SELBST HABEN

Ein Mann ist einmal zu Wald gegangen, Müslen spalten. Wie er in der besten Arbeit ist, kommt eine Fenggin zu ihm und hockt neben ihn auf den Boden und fängt an, mit ihm zu schwätzen und ihn über allerlei auszufragen. Der Holzmann gibt zuerst ordentlich auf alles Red und Antwort. Aber die Fenggin hat ein gräusligs Mundstück gehabt und soviel geschwätzt und gefragt, daß dem Mann das Geschnäder erleidet und die Geduld anfangen ausgegangen ist. Er sagt drum auch keine Wahrheit mehr, und wie sie wissen will, wie er heißt, sagt er, sein Name sei Selb. Geheißen aber hat er Hannes. Die närrische Fenggin glaubt es aufs Wort und lüsterlet etwas anderem nach. Zuletzt steigt aber dem guten Hannes der Rot ins Gesicht vor Zorn, und er schnerzt: "Koka, wüster, du könntest doch dein Maul anfangen verschoppen". Die Fenggin aber gibt nichts um Unwert und wundert weiter und bringt, ich weiß nicht wie, im Eifer die Hand in die Spalte, die der Hannes mit der Axt und mit dem Weggen in die Müsle gemacht hatte. Der Hannes wird es gewahr und rupft weidlich Axt und Weggen heraus und springt davon. Die Spalte schnellt zusammen und klemmt die Hand der Fenggin ein, daß ihr das Blut unter die Nägel schießt und sie überlaut zu rehren.anfängt. Auf ihr Geschrei kommt ein Fengg aus dem Wald zu ihr gelaufen, sieht sie zappeln und fragt, wer ihr das getan habe. Die Fenggin sagt: "O Selb to". Drauf lacht der Fengg und sagt: "Selb to, selb ho", geht wieder dem Wald zu und läßt die Fenggin an der Müsle zappeln.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 200, Seite 150