DER GIRENWAGEN

In Lustenau wurde früher auf einem kleinen Wagen, dem Girenwagen, das Obst zum Dörren in den Ofen geschoben. Das war ein niedriger Eisenwagen mit Rädlein, die man mit kleinen Sternen vergleichen mochte. So mag es gekommen sein, daß die Bauern der Gegend den gleichen Namen dem Sternenbild des Großen Bären gaben, das ja auch die Leute, die nach der Schrift reden, den Großen Wagen nennen.

Alte Leute erzählen in Lustenau, daß der Girenwagen alle sieben Jahre einmal vom Himmel herabkomme und über die Erde fahre. Wenn er vorbeirasselt, wird er jedem zum Verderben, der nicht schnell sein Schnupftuch herausnimmt, es auf den Boden wirft und sich daraufsetzt. Dazu muß er sagen: "Ich bin auf meiner Sach." So kann ihm der Girenwagen nichts anhaben. Schon von weitem hört man ihn kommen, ein solches Gerassel macht er.

Noch etwas anderes erzählen sie in Lustenau. Zauberer, die niemand kannte, hielten einmal mit dem Girenwagen vor einem Bauernhaus. Im Stall war ein Büble mit einem weißen Käpple. Die Fremden aber hatten auf ihrem Wagen ein gleich großes Büble mit einem roten Käpple. Beide Buben fingen an, miteinander zu spielen, und während des Spiels vertauschten sie die Käpplein. Als der Girenwagen mit der ganzen wilden Gesellschaft aufbrach, die Fahrt fortzusetzen, nahmen sie das Büble mit dem roten Käpple mit in der Meinung, es gehöre zu ihnen.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 54, Seite 77