DER SCHATZGRÄBER

Auf dem Bregenzer Schloßberg ist ein Gumpen voll Binsen, Fröschen und Molchen, und dort flimmert zur Nachtzeit, ich weiß nicht wie, ein Lichtle. Das Lichtle kommt immer, wenn es vom Turm in der Pfarre zur Nacht zwölfe geschlagen hat, bald daher, bald dorther aus den Tannen und Buchen, bald beim Hexenplatz herauf an den Eichen vorbei und bald aus dem Örawäldle über den Ölrain herauf und durch die Lärchen zum Gumpen, dort bleibt es stehen und brennt bis um zwei. Das ist das Geisten von dem Hallunk, der das wehrhafte Bregenz an die Schweden verraten hat. Die Schweden sind, wie in der Chronik zu lesen ist, im Dreißigjährigen Krieg gen Bregenz gekommen mit Sengen und Brennen und Nüelen wie das Wuetas. Zwar haben sich zuerst die Bürger von Bregenz, als die Schweden von Lindau angeruckt kamen, wacker gewehrt, und bei der Unot haben die Schweden holops müssen fliehen zurück gegen Lochau. Aber zu Lochau kommt bei der Nacht ein Mann in das schwedische Lager und verspricht dem General Gustav Wrangel (heißt es in den Büchern), wie er die Schweden heimlich auf Ab- und Umwegen will führen in das Bregenzer Städtlein, aber versteht sich, nur um einen guten Lohn. Die Schweden gehen es ein, und drauf führt sie der Spitzbub über den Haggen und den Pfänder hinab ins Tal vor das Städtle. Jetzt da kommt der Verräter zum Wrangel und bettelt: "Gebt mir meinen Lohn!" Aber der Schwed schüttelt den Kopf und sagt ernstlich zum Lumpen: "Der Taglohn soll dir nicht fehlen; auf dem Schloßberg hinter dem Felsen ist ein Sumpf, dort haben, wie ich mir habe sagen lassen, die Herren Grafen von Bregenz im Appenzellerkrieg ein guldis Kegelspiel vergraben, und das ist dein Lohn; so geh mit Spaten und Schaufel und such es." No, der geht zum Gumpen und gräbt und gräbt immerzu, findet aber freilich kein guldis Kegelspiel; auch keine Ruh hat er nach dem Tod mehr gefunden, und geisten muß er noch zur Stund dort und zu ewigen Zeiten graben und graben. Immer um Mitternacht wankt der Kerle, in der Hand eine Schaufel und eine Laterne, trübselig an die Arbeit und gräbt, bis es zwei schlägt, da verlöscht ihm sein Lichtlein, und was er gegraben hat, fällt wieder zusammen.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 6, Seite 54