DIE EIDECHSE UND DIE SCHLANGE
(Aus F. J. Vonbuns Sagen; ins Schriftdeutsche übertragen)

Es lebte einmal ein seelenguter Mann, der es nicht über das Herz brachte, einem Tier ein Leid zuzufügen. Besonders gern hatte er die „Heggoassa" und es tat ihm immer sehr weh, wenn eines der Tierchen gequält wurde.

Einmal schlief der gute Mann auf dem Felde unter einem großen Baume ein. Da kroch eine Schlange daher, sah den Schlafenden und wollte ihn umbringen. Mit dem Maul rupfte sie ein fünfblättriges Kleeblatt aus dem Gras, legte es dem Schläfer aufs Herz, kroch auf den Baum und wollte von dort auf das Kleeblatt herunterschießen und dem armen Mann in die andere Welt verhelfen. Jetzt flitzte die Eidechse aus dem Gebüsch hervor, nahm das Kleeblatt vom Herzen des Mannes, legte es daneben auf einen Stein und eilte wieder davon, so schnell sie konnte. — Derweil war die Schlange auf den Baum gekrochen, kehrte sich um, suchte das grüne Blättlein und merkte nicht, daß das Kleeblatt nun auf einem Stein lag. Sie schoß mit aller Gewalt hernieder und zerschmetterte sich den Kopf.


Quelle: Walter Weinzierl, Sagen aus Dornbirn, Dornbirn 1968, S. 87