DIE VERZAUBERTE GEMSE

Vor vielen Jahren ging ein Jäger auf die Gemsjagd. Am Abend kam er zu einer Alphütte, wo die Alpknechte gerade bei Kaffee und Riebel saßen. Nachher schlief er bei ihnen im Heu. Am Morgen stieg er in die Felsen und plötzlich stand eine Gemse vor ihm, die ihn ansah. Er schoß sie nicht, sondern stieg weiter, erlegte eine andere Gemse und trug sie zur Alpe. Da fragte ihn der Senn, ob er keine Gemse gesehen habe, die ihn wild angeblickt hätte. „Ja freilich", antwortete der Jäger, „aber ich ließ sie laufen!" Voll Freude rief der Senn: „Dafür sollst du reich belohnt sein, denn in dieser Gemse muß meine Mutter geistern!" und er schenkte ihm viel Geld.


Quelle: Walter Weinzierl, Sagen aus Dornbirn, Dornbirn 1968, S. 88