WIE HIETZING ZU SEINEM NAMEN KAM

Hietzingen wird erstmals 1097 urkundlich erwähnt und dieser Name geht wahrscheinlich auf das Geschlecht der Herzingen zurück. Doch dies war in Vergessenheit geraten und deshalb haben die Dorfbewohner sich den Namen auf ihre Weise erklärt.

Im Jahre 1529 zog der Sultan Soliman mit seinem gewaltigen türkischen Heer gegen Wien und belagerte die Stadt. Wien selbst war durch starke Befestigungsmauern und eine gut bewaffnete Truppe geschützt, aber die Vorstädte und umliegenden Dörfer bekamen die volle Wucht der türkischen Angriffe zu spüren. Die meisten der Siedlungen wurden niedergebrannt und ihre Bewohner gefangengenommen und verschleppt.

Dieses Schicksal traf auch das kleine Dorf Hietzing, das eine schöne Pfarrkirche besaß, in der eine wundertätige Marienstatue stand. Als nun die Türken sich dem Ort näherten, versteckten die Bewohner schnell ihr Hab und Gut und brachten auch die Marienstatue in einer dicht beblätterten Baumkrone in Sicherheit. Dann verließen sie in aller Eile die Siedlung und versteckten sich in den nahen Wäldern.
Die kriegerischen Türken ritten in Hietzing ein, setzten die Kirche in Brand und durchsuchten die Häuser nach Beute. Als sie bemerkten, daß die Geflüchteten nichts zurückgelassen hatten, zündeten sie auch alle Häuser an. Einige Bewohner, die sich nicht schnell genug in Sicherheit gebracht hatten, wurden von den Türken erschlagen. Nur ganz junge und kräftige Männer wurden am Leben gelassen und an Händen und Füßen mit Ketten gefesselt.

Nachdem ein paar Tage vergangen waren, wagten sich vier tapfere Männer aus ihrem Versteck im Wald heraus, um nachzusehen, ob die türkischen Soldaten schon weitergezogen seien. Doch als sie aus dem Dunkel des Waldes traten, wurden sie aus dem Hinterhalt von einem türkischen Reitertrupp überfallen und gefangengesetzt. Mit schweren Eisenketten wurden sie an jenen großen Baum gebunden, in dessen Krone die Marienstatue versteckt war.

Maria Hietzing © Harald Hartmann

Maria-Hietzing in der Hietzingerkirche Maria Geburt
Als Brigittenkapelle seit 1255 bestehend und schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts als Wallfahrt hochgeschätzt.
Letzte bauliche Form 1688 bis 1690 und 1865. Die Hietzingerkirche wird von den Chorherrn des Stiftes Klosterneuburg betreut. Von Wien bis Hietzing führte einst eine via Crucis mit 12 Stationen.
Bei der Statue handelt es sich um eine Kopie Maria Einsiedeln.
Wallfahrtsmotive: Besonders Zuflucht schwangerer Frauen gegen schwere Geburten. Auch bei Pest (besonders 1738) stark aufgesucht und bei "wildem Feuer" (Unwetter). Beliebt für Eheschließungen der Wiener.
(nach Gustav Gugitz, Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch, Band 1, Wien, 1955, S. 84 - 85.)
Dramatische Inszenierung der Gnadenbild-Legende, um 1730; darüber das spätmittelalterliche Gnadenbild mit Silberblechverkleidung von 1829 auf reich geschnitzter Konsole, in Strahlen- und Baumkranz (Stamm von 1529 ?, Blattdekor wahrsch. um 1730 bzw. 1858); seitl. 2 Reliefmedaillons mit Szenen der Erscheinung der Madonna in reicher Rocaillerahmung.
(Dehio Wien)
© Harald Hartmann, Jänner 2008

Als die Türken weitergeritten waren, versuchten die Männer sich zu befreien, aber die Ketten hielten ihren Versuchen stand. Auch ihre lauten Hilferufe verhallten ungehört. Die Angst vor der drohenden Verschleppung, wenn die Reiter wiederkamen, war groß. In ihrer Not sprachen die vier Männer ein Gebet zu der versteckten Marienstatue. Da geschah etwas Seltsames! Aus der Baumkrone erstrahlte plötzlich ein heller Lichtschein und eine sanfte Stimme rief ihnen zu: "Hiat's eng!" - "Hütet euch!" Die Ketten fielen von ihnen ab und sie liefen wieder in den Wald, wo sie ihren Familien von der wundersamen Rettung erzählten.

Nach dem Ende der türkischen Belagerung baute man das Dorf wieder auf und aus der wohlgemeinten Warnung "Hiat's eng!" wurde der Ortsname Hietzing.

Quelle: Wien in seinen Sagen, Eva Bauer, Weitra 2002, S. 241