Die goldenen Eier Kaiser Maximilians
Als Maximilian zu Aachen die Kaiserkrone erhielt, brachten ihm die Juden einen goldenen Korb mit goldenen Eiern angefüllt zum Geschenk. Er befahl die Überreicher dieser kostbaren Gabe festzuhalten, aber an nichts Mangel leiden zu lassen. Die Gefangenen baten ihn, ihnen die Ursache ihrer Verhaftung zu sagen. "Ich werde", so lautete die Antwort, "Hühner, die solche Eier legen, nicht wegfliegen lassen."
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Man fabelte, daß Max einen Ring mit dem Steine Phengites besitze, wodurch er das, was hinter ihm geschehe, sehen könne. Als der Kaiser zu Nürnberg einen mit Goldstücken angefüllten Becher erhielt, tat einer seiner Diener, als der Fürst sich umwendete, einen Griff in das Gefäß und nahm mehrere Goldstücke. Max sah es in seinem Ring und befahl nach einer Weile dem frechen Entwender, sich aus dem Becher einige Stücke zu nehmen. Dieser tat es, und mußte auf Geheiß des Kaisers die genommenen Stücke zählen. "Ich will wissen", sprach er dabei, "ob dujetzt oder früher im Zugreifen beherzter warst." - Hierauf verbannte er ihn aus seiner Nähe, ließ ihm jedoch das Geld.
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Die Gesandten des stolzen Venedigs traten mit vielem Trotze vor ihn und sagten: "Der erlauchte Rat und die mächtige Republik Venedig kündigen dem Maximilian den Krieg an." - Der Kaiser lächelte und sagte: "Es sei! Und nun geht hin und führt ihn so närrisch, als ihr ihn angekündigt habt."
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Als ein Schmeichler die Latinität des Kaisers über die Gebühr
lobte, versetzte er: "Ihr werdet mir nicht weismachen, daß
mein Reiter-Latein die Sprache des Cicero ist."
Quelle: Realis (=Gerhard Cockelberghe-Duetzele), Geschichten, Sagen und Merkwürdigkeiten aus Wiens Vorzeit, Wien 1846, S. 180 f.