Der Sieveringer Sagenkreis um Karl und Agnes

VIII. [Version]

Karl sieht man mehr aus weißem als schwarzem "feueratmendem" Rosse reiten. Nach ihm ist die Jägerwiese benannt, weil man ihn mit seinem Gefolge auf der Wiese oft jagen gesehen hat. Einst ging eine Frau dorthin und nahm eine Woche lang nichts als Wasser und Brot zu sich. Täglich kam eine Nachbarin und brachte ihr Brot. Am achten Tag bat sie diese, dazubleiben; sie werde nachts 12 Uhr einen Mann kommen sehen mit einem breiten Hut auf dem Kopfe, mit kurzen Hosen, langen weißen Strümpfen, Schuhen mit silbernen Schnallen und den weiten Rock um die Achsel gehängt; der werde sie um Wasser bitten; sie solle es geben und ihn dann um eine Gabe ansprechen. Bebend erwarteten beide die Stunde. Da vernahmen sie ein immer stärker werdendes Geräusch, der Himmel ward rot und der Mann stand in der beschriebenen Kleidung vor ihnen. Und als die Nachbarin für das Glas Wasser ihn um eine Gabe bat, hieß er sie mitgehen. Mit einer an einem Baum lehnenden Schaufel füllte er ihr drei Schaufeln voll Kohlen in die Schürze und verschwand. Zitternd lief sie zu ihrer Gefährtin, unterwegs aber fingen die Kohlen Feuer und sie ließ sie alle zu Boden fallen. Als sie sich erholt hatte, suchte sie nach den Kohlen und fand drei Goldstücke.


Quelle: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 6, S. 12f
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Anja Christina Hautzinger, April 2005.