Das Geisterschloß auf dem Leopoldsberg

Es wurde erzählt, es sei gewiß und ungezweifelt, daß die Einwohner des am Fuße dieses Berges gelegenen Dorfes, insgemein Heiligenstadt genannt, in den oberen Fenstern dieses zerstörten und wüsten Schlosses häufige Lichter sehen, außerdem noch zuweilen beobachten, als wenn oben diese Lichter von den Knechten und Bedienten von einem Ort zum anderen getragen würden, daß aber, sobald es Nachts zwölf schlägt, das ganze Gesicht verschwinde. Hiernächst sollen um eben diese Nachtstunde die in der Nähe weilenden Hirten ein gewisses Getöse und Geräusche hören. Es gäbe auch einige, welche vorgaben, daß sich in der Bücherei des nächst gelegenen, sehr reichen Stiftes Klosterneuburg verschiedene und verborgene geschriebene Denkmale befinden, welche doch gewisser Ursachen halber nicht zum Vorschein kommen. Weiter soll sich der gemeine Pöbel viel zu sprechen machen von einigen Zwergen, welche um die Mittagsstunde in sehr großer Anzahl wären gesehen worden.

Quelle: Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, herausgegeben von Gustav Gugitz, Wien 1952, Nr. 51, S. 72
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Anja Christina Hautzinger, April 2005.