DER HAHNREI

Unweit der Küsterwohnung, nahe beim Tore, auf Sankt Stephans Kirchhof wurde ein Denkmal erblickt aus einem rötlichen Steine, das sie im Volke den Hahnrei nannten. Es stellte dar einen Mann, ein Weib und ein Kind, und ist auf der Frauen Untreue und Wankelmut gemünzt.

Der Mann legt auf die Brust die rechte Hand, damit zeigt er seine Treue an; die Frau aber macht mit ihren Fingern an seiner Stirn das Zeichen des Hörnertragens, andeutend, daß sie ihm keine Treue gehalten und das Kind nicht das seine sei.

Verwitterte Schrift umgab den Stein, der vielleicht wohl auch heutigentages nicht mehr gefunden werden mag. Sollte aber heutigentages jeder Hahnrei solchen Stein bekommen, hätten traun die Steinmetzen kaum Hände genug.


Quelle: Volkssagen, Mährchen und Legenden des Kaiserstaates Österreich, Ludwig Bechstein, 1840