DER ALTE IM WALD

Oben in einem Graben bei Jedt begegnete einem armen Zipser ein alter Mann. (Der Zipser war aus Ludwigsdorf und hatte acht Kinder.) Der Alte saß am Wegrand und bat den Zipser um ein Stückchen Brot. Dieser hatte zwar selbst wenig mit, doch teilte er es in zwei gleiche Stücke und gab eines dem Bettler.

"Wenn du diesen Pfad weitergehst", sagte nun der Alte und wies seitlich in den Wald, "wirst du bald auf eine Wiese kommen, wo ein Feuer glimmt. Nimm von den Kohlen, so viel du anfassen kannst, und trag sie nach Hause. Das ist mein Geschenk für deine Freundlichkeit."

Der Zipser bedankte sich, obwohl es ihm merkwürdig schien, mit glimmenden Kohlen beschenkt zu werden. Er ging jedoch in den Wald und gelangte nach einiger Zeit tatsächlich auf die Wiese, wo er auch das schon fast erloschene Feuer fand.

Er nahm einige Kohlen und steckte sie in sein "Pinkl" — so wird der Handsack bei den Zipser Waldarbeitern genannt. Da merkte er, daß sie weiterglühten und doch kein Loch brannten. So nahm er noch mehr davon und eilte hinunter nach Ludwigsdorf, weil es schon zu dunkeln begann.

Als er zu Hause das "Pinkl" öffnete, sah er zu seiner großen Verwunderung, daß sich die Kohlen in Goldstücke verwandelt hatten.

Diese Begebenheit sprach sich rasch herum, und am nächsten Tag kamen viele Bauern aus den umliegenden Tälern, um die Goldstücke zu sehen. Unter ihnen befand sich auch ein reicher Schafhändler, der wegen seines Geizes bekannt war.

Er machte sich sogleich auf und eilte in den Jedter Wald, zu dem Graben, wo dem Zipser der alte Mann begegnet war. Tatsächlich saß der Bettler immer noch auf dem Baumstumpf am Weg, als schien er auf jemanden zu warten.

Als er nun den Schafhändler sah, sagte er: "Geh du nur wieder nach Hause, dort gibt es jetzt Kohlen genug."

Rasch eilte der Schafhändler zurück ins Dorf und da sah er, daß an der Stelle, wo vorher sein prunkvolles Haus gestanden hatte, nun ein Haufen glühender Kohlen lag. Doch niemand im Dorf hatte gesehen, wann es abgebrannt war.


Quelle: Rumänische Sagen und Sagen aus Rumänien, Herausgegeben und übersetzt von Felix Karlinger und Emanuel Turczynski, Berlin 1982, Seite 127