Memnon

Die aufsteigende Sonne leuchtete in Troia über lauter Kümmernis. Auf den Mauern umher saßen spähend die Troianer, denn sie fürchteten jeden Augenblick, der gewaltige Sieger möchte nun auf Leitern über die Stadtmauer setzen und ihren alten Wohnsitz einäschern. Da erhob sich im Rate der Bangenden ein Greis mit Namen Thymoites, der sprach: "Freunde! Vergebens sinnt mein Geist auf ein Mittel, das drohende Verderben von uns abzuwenden. Seit Hektor unter den Händen des unbezwinglichen Achilles erlegen ist, müßte, glaube ich, selbst ein Gott, wenn er sich unser annehmen wollte, im Kampfe erliegen. Hat er doch auch die Amazone, vor der alle anderen Danaer bebten, bezwungen! Und doch war sie so furchtbar, daß wir alle in ihr eine Göttin zu sehen glaubten und Freude unser Herz bei ihrem Anblick durchströmte. Aber ach, leider war sie nicht unsterblich! So fragt es sich denn nun, ob es nicht besser für uns wäre, wenn wir diese unglückselige Stadt, die doch zum Untergange bestimmt ist, verließen und anderswo sichere Wohnsitze aufsuchten, zu welchen die verderblichen Griechen nicht dringen könnten!"

So redete Thymoites. Nun stand Priamos in der Versammlung auf, ihm zu entgegnen: "Lieber Freund", sprach er, "und ihr alle Troianer und gute Bundesgenossen! Laßt uns doch die geliebte Heimat nicht feige aufgeben und uns größerer Gefahr preisgeben, wenn wir uns in offener Feldschlacht durch die umringenden Feinde durchschlagen sollten. Vielmehr wollen wir warten, bis Memnon da ist, der Aithiopier, aus dem Lande der schwarzen Männer, der wohl mit seinem unzähligen Volke schon unterwegs ist, uns Hilfe zu bringen! Es ist schon viel Zeit verflossen, seit meine Boten zu ihm gegangen sind. Deswegen haltet nur noch ein kleines aus; und müßtet ihr selbst im Kampfe alle umkommen, so ist es doch besser, als bei Fremdlingen, von Schande gebeugt, sein Leben fristen zu müssen!"

Zwischen diese entgegengesetzten Meinungen trat ein bedächtiger Mann unter den Troianern, der Held Polydamas, und gab seinen Rat in folgenden Worten: "Wenn Memnon wirklich kommt, so habe ich nichts dagegen, König und Herr! Aber ich befürchte, der Mann wird mitsamt seinen Gefährten den Tod bei uns finden und den Unsrigen nur noch mehr Unheil bereiten. Doch bin auch ich keineswegs der Meinung, daß wir das Land unserer Väter verlassen sollten. Vielmehr wäre, wenn es auch jetzt spät ist, doch immer noch das beste, wenn wir die Ursache dieses ganzen Krieges, die Fürstin Helena, mit allem dem, was sie uns aus Sparta zugebracht hat, den Griechen wieder auslieferten, ehe sich die Feinde in unsere Habe geteilt und die Stadt mit Feuer verzehrt haben!"

Dieser Rede gaben die Troianer zwar im Herzen stillen Beifall, doch wagten sie nicht, ihrem Könige laut zu widersprechen. Auf der anderen Seite erhob sich Paris, Helenas Gemahl, und beschuldigte den Schutzredner der Griechen, wie er Polydamas nannte, der äußersten Feigheit. "Ein Mann, der dazu raten kann, würde im Felde der erste sein, der die Flucht ergriffe", sprach er. "Besinnet euch wohl, Troianer, ob es klug gehandelt ist, dem Rate eines solchen zu folgen!"

Polydamas wußte wohl, daß Paris von Helena nicht lassen und eher einen Aufruhr im Heere erregen, ja selber sterben würde, ehe er auf sie verzichtete; darum schwieg er und die ganze Versammlung mit ihm. Als sie noch sinnend im Rate saßen, kam die frohe Botschaft, daß Memnon im Anzuge sei. Den Troianern war zumute wie Schiffern, die, dem Tode schon im Rachen, nach dem furchtbaren Sturme die Sterne wieder am Himmel schimmern sehen; vor allen aber freute sich der König Priamos, denn er zweifelte nicht, daß es der Überzahl der Aithiopier gelingen müßte, die feindlichen Schiffe zu verbrennen.

Als daher Memnon, der hohe Sohn der Eos (Aurora), angekommen war, ehrte der König ihn und die Seinen durch die herrlichsten Gaben und Festmahle. Das Gespräch wurde wieder heiter, und sie gedachten in Ehren der gefallenen Troianerhelden. Memnon aber erzählte von seinem unsterblichen Elternpaare, Tithonos und Eos; ein andermal vom endlosen Weltmeere und wiederum von den Grenzen der Erde, vom Aufgang der Sonne und von dem ganzen weiten Wege, den er von den Ufern des Ozeans bis zu den Höhen des Berges Ida und der Stadt des Königs Priamos zurückgelegt, und was für Heldentaten er unterwegs verrichtet habe. Ihm lauschte der Troianerkönig mit Wohlgefallen; voll Wärme ergriff er seine Hand und sprach: "Memnon, wie danke ich den Göttern, daß sie mir, dem Greise, gegönnt haben, dich und dein Heer noch zu erblicken und dich selbst in meinem Palast zu bewirten! Fürwahr, du gleichest mehr als irgendein Sterblicher den Göttern, und deswegen hege ich die Zuversicht zu dir, daß du unter unseren Feinden mit furchtbarem Gemetzel wüten werdest!" Mit diesen Worten hob der König einen Pokal aus gediegenem Gold und trank ihn dem neuen Bundesgenossen zu. Memnon betrachtete staunend ringsum den herrlichen Becher, der ein Werk des Hephaistos und ein Erbstück der troianischen Königsfamilie war; dann erwiderte er: "Nicht beim Schmause ziemt es sich zu prahlen und zuversichtliche Verheißungen zu tun; ich antworte dir daher nicht, o König, sondern freue mich jetzt in Ruhe des Mahles und will im Geiste das Nötige vorbereiten. In der Schlacht muß es sich zeigen, ob ein Mann ein Held sei. Nun aber laß uns bald zur Ruhe gehen, denn dem, der die Entscheidung des Kampfes erwartet, schadet ein übermäßiger Genuß des Weines und eine durchschwärmte Nacht!"

Damit erhob sich der besonnene Memnon vom Mahle, und Priamos hütete sich, seinen Gast zu längerem Bleiben zu nötigen. Auch die übrigen Gäste gingen zur Ruhe, und alles überließ sich dem wohltuenden Schlaf. Während nun die Sterblichen auf der Erde schlummerten, saßen die Götter im olympischen Palast des Zeus noch beim Schmause und besprachen sich über den Kampf um Troia. Zeus, der Sohn des Kronos, dem die Zukunft deutlich war wie die Gegenwart, nahm zuletzt das Wort und sprach: "Es ist vergebens, daß ihr sorget, der eine für die Griechen, der andere für die Troer. Noch unzählige Rosse und Männer werdet ihr auf beiden Seiten im Kampfe dahinsinken sehen. So sehr euch nun mancher, der des einen oder des anderen Freund ist, am Herzen liegen mag, so lasse sich doch keiner von euch einfallen, sich mir deshalb mit Bitten zu nahen, und für einen Sohn oder einen Freund zu flehen, denn die Schicksalsgöttinnen sind unerbittlich, für mich wie für euch!"

Keiner der Unsterblichen wagte es, dem Göttervater zu widersprechen; schweigend verließen sie das Mahl, und jeder in seinem Hause warf sich traurig auf das Lager, bis auch der Götter sich der Schlaf erbarmte.

Am anderen Morgen stieg Eos nur widerstrebend am Himmel auf, denn auch sie hatte das Wort des Zeus vernommen, und ihr Herz sagte ihr voraus, welch ein Schicksal ihrem geliebten Sohne Memnon bevorstand. Dieser aber war schon in aller Frühe erwacht, als kaum die Gestirne bleichten; er schüttelte sich den Schlaf, den letzten auf Erden, von den Wimpern, und sprang vom Lager voll Sehnen, den entscheidenden Kampf für seine Freunde mit den Griechen zu beginnen. Auch die Troianer warfen sich in ihre Rüstungen, und mit ihnen die zahllosen Gäste aus Aithiopien. Ohne sich lange zu verweilen, strömten die Scharen, Sturmgewölk gleich, das vom Winde getrieben wird, zu den Toren hinaus aufs Blachfeld; die ganze Straße wogte von dichtem Gedränge und der Staub erhob sich unter ihren Füßen.

Als die Griechen sie aus der Ferne heranziehen sahen, staunten sie, waffneten sich in Eile und zogen aus; Achilles, auf welchen sie vertrauten, in ihrer Mitte, stolz auf seinem Wagen stehend wie ein Titane und gleich einem Donnergeschoß in des Zeus Hand. Aber in der Mitte des troianischen Heeres zog nicht minder herrlich Memnon einher, dem Kriegsgott selber zu vergleichen; und sein unendliches Volk, gehorsam und kampflustig, hatte sich rings um ihn her geschart. Nun begann der Kampf; wie zwei Meere wogten die Heere sich entgegen und schlugen aneinander Welle an Welle. Schwerter zischten und Speere sausten, lautes Getöse hallte durch die Schlachtreihen, und bald erhob sich in beiden Heeren Klagelaut um die Fallenden. Bald stürzte ein Troer um den anderen vor den Stößen des Achilles nieder, wie vor einem Sturm, der Bäume aus den Wurzeln reißt und Häuser umwirft. Andererseits warf auch Memnon die griechischen Scharen darnieder, wie ein böses Verhängnis, das den Sterblichen viel Jammer und Unheil bringt. Zwei edle Genossen Nestors fielen von seiner Hand, und jetzt nahte er dem Greise von Pylos selber, und es fehlte wenig, daß Nestor von der Lanze des Aithiopiers gefallen wäre. Denn eines seiner Wagenpferde war eben von einem Pfeile des Paris verwundet worden und hemmte den Wagen seines Herrn, als Memnon mit seinem Speer auf den Greis hergerannt kam. Erschrocken rief dieser seinen Sohn Antilochos zu Hilfe, und sein Wort verhallte nicht in den Lüften. Der fromme Jüngling eilte heran, stellte sich vor die Brust des Vaters und warf seinen Speer nach dem Aithiopier. Dieser wich dem Geschosse aus, aber es traf seinen Freund Aithops, den Sohn des Pyrrhasos. Darüber ergrimmte Memnon, und wie der Löwe auf den Eber losstürzt, warf er sich nun auf Antilochos. Dieser schleuderte einen Stein gegen den Tobenden, der jedoch an seinem dicken Helm abprallte. Nun stieß ihm Memnon die Lanze durchs Herz, und Antilochos erkaufte so die Rettung seines Vaters mit dem Tode. Als die Achiver ihn sinken sahen, bemächtigte sich ihrer aller der Schmerz; den bittersten aber empfand der Vater, als um seinetwillen und ihm vor den Augen der Sohn erschlagen wurde, doch behielt er Besinnung genug, einen anderen seiner Söhne, Thrasymedes, herbeizurufen, damit er den Mörder von dem Leichnam seines Bruders hinwegscheuchte. Dieser vernahm den Ruf im Getümmel der Schlacht und zugleich mit ihm machte sich Pheres auf, den tobenden Sohn der Eos zu bekämpfen. Memnon ließ sie voll Zuversicht nahen, und alle ihre Speere flogen an seiner Rüstung vorüber, die ihm die göttliche Mutter gefeit hatte. Doch erreichten sie immer ein Ziel, nur ein anderes, als wofür sie bestimmt waren, und beide trafen mit ihren Geschossen feindliche Helden. Währenddessen fing Memnon an, den getöteten Antilochos seiner Rüstung zu berauben, und die griechischen Streiter umkreisten den Gefallenen vergebens, wie heulende Schakale einen Hirsch, den der Löwe zerreißt. Nestor, als er dies erblickte, jammerte laut auf, rief seinen übrigen Freunden, ja sprang selbst vom Wagen herab und wollte mit schwindenden Geisteskräften für den Leichnam des Sohnes kämpfen. Doch Memnon, als er ihn kommen sah, wandte sich freiwillig von ihm ab, ehrfurchtsvoll, als sähe er einen Vater nahen. "Greis", sprach er, "mir ziemt nicht, den Kampf mit dir zu versuchen! Von ferne hielt ich dich für einen jungen kriegerischen Mann, darum zielte meine Lanze nach dir; nun aber sehe ich, daß du weit älter bist. Meide den Kampf, weiche, daß ich dich nicht mit widerstrebendem Herzen fälle und du zu deinem Sohne in den Staub sinkest! Würde man dich doch einen Toren schelten, wenn du in so ungleichen Kampf dich gewagt hättest!" Nestor aber antwortete: "Das sind nichtige Worte, die du da geredet, Memnon! Kein Mensch heißt den Mann töricht, der, über den Tod seines Sohnes ergrimmt, zu kämpfen kommt, und den grausamen Mörder von seinem Leichnam vertreiben will! O hättest du mich als jung gekannt! Jetzt gleiche ich freilich nur einem alten Löwen, den jeder Hund von der Schafhürde abhalten kann! Doch nein, noch besiege ich viele Streiter, und nur wenigen weicht mein Alter!" So sprach Nestor und wich ein wenig rückwärts, indem er den Sohn im Staube hegen ließ. Zugleich zogen sich auch Thrasymedes und Pheres zurück, und nun wütete Memnon mit seinen Aithiopiern ungehindert in der Schlacht fort, und die Argiver vermieden seinen Speer mit Schrecken.

Nun wandte sich Nestor an Achilles. "Du Beschirmer der Griechen", sprach er, "siehe, dort liegt mein Sohn tot; Memnon hat ihm die Waffen geraubt, bald wird er eine Speise der Hunde sein! Eile zu Hilfe, denn nur der ist ein wahrer Freund, der des erschlagenen Freundes sich annimmt!" Achilles horchte auf, und tiefer Kummer bemächtigte sich seiner, als er sah, wie der Aithiopier die Danaer scharenweise in den Staub streckte. Bisher hatte sich nämlich der Pelide unter den Troianern herumgetummelt und hier viele getötet. Jetzt aber ließ er von ihnen ab und wandte sich plötzlich Memnon entgegen. Als dieser ihn kommen sah, raffte er einen Markstein vom Boden auf und schleuderte ihn nach dem Schilde des Feindes. Aber der Stein prallte ab und Achilles, der seinen Streitwagen hinter der Schlachtreihe gelassen hatte, drang zu Fuße auf Memnon ein und traf ihn mit dem Speere rechts an der Schulter. Der Aithiopier achtete auf diesen Stoß nicht, eilte vorwärts und stieß dem Achilles seine mächtige Lanze in den Arm, daß das Blut des Helden zur Erde floß. Nun brüstete sich Memnon in eitler Freude und rief: "Elender, der du so mitleidlos die Troianer erschlugest, jetzt steht dir ein Göttersohn entgegen, dem du nicht gewachsen bist, denn Eos, meine Mutter, die Olympierin, ist mehr denn deine Mutter Thetis, die sich allein unter den Scheusalen des Meeres gefällt!" Aber Achilles lächelte nur und sprach: "Der Erfolg wird lehren, welcher von uns von edleren Eltern abstammt! Ich fordere von dir jetzt Rache für den jungen Helden Antilochos, wie ich einst an Hektor Rache genommen für meinen Freund Patroklos!"

Damit faßte er seinen riesigen Speer mit beiden Händen, und dasselbe tat Memnon. So stürzten sie aufeinander los. Zeus selbst machte sie in diesem Augenblick größer, stärker und unermüdlicher als Menschen sind, so daß kein Stoß des einen den anderen fällte und sie so nahe aneinander kamen, daß Helmbusch an Helmbusch streifte. Vergebens suchten sie einander bald über dem Schienbein, bald unter dem Panzer zu verwunden; ihre Rüstungen klirrten; das Kampfgeschrei der Aithiopier, Troianer und Argiver stieg empor zum Himmel, der Staub wirbelte unter ihren Füßen auf, und während die Führer kämpften, feierte unter ihren Kriegern das Gemetzel nicht. Die Olympier, die von der Höhe herab zuschauten, hatten ihre Freude an dem unentschiedenen Kampfe, die einen an der Kraft des Peliden, die anderen an Memnons unbesiegtem Widerstande, je nachdem sie dem einen oder dem anderen verwandt oder befreundet waren. Und bald wären die Götter untereinander darüber in Zwietracht geraten, wenn nicht Zeus plötzlich zwei der Parzen aufgerufen hätte und befohlen, daß die finstere sich zu Memnon, die lichte sich zu Achilles gesellen sollte. Laut schrien die Bewohner des Olymps auf bei diesem Befehle, die einen vor Freude, die anderen vor Leid.

Die beiden Helden aber stritten fort, ohne die Schicksalsgöttinnen zu erblicken. Sie kämpften gegeneinander bald mit der Lanze, bald mit Schwertern, bald mit Steinen! Keiner erzitterte; fest standen sie wie Felsen. Und ebenso unentschieden zog sich rechts und links von ihnen der Kampf ihrer Genossen hin, Blut und Schweiß floß auf den Boden, und die Erde deckte sich mit Leichen. Endlich aber siegte das Geschick. Achilles stieß seinem Gegner die Lanze so tief in die Brust, daß sie ihm zum Rücken herausfuhr und er mit dumpfem Dröhnen in sein Blut auf den Kampfplatz niedersank.

Jetzt flohen die Troianer, von dem verfolgenden Achilles wie von einem Orkane gejagt, während er Memnons Leichnam seinen Freunden zum Berauben überließ. Eos stieß am Himmel einen Seufzer aus und hüllte sich in Gewölk ein, daß die Erde Finsternis bedeckte; ihre Kinder, die Winde, flogen auf ihr Geheiß herunter auf die Ebene, ergriffen den Leib des Erschlagenen und entführten ihn durch die Lüfte, aus den Händen seiner Feinde. Nichts blieb von ihm auf der Erde übrig als die Blutstropfen, die herabträufelten, während er von den Winden emporgetragen ward. Daraus wurde ein blutiger, unversieglicher Strom, der in späten Tagen noch am Fuße des Ida jedesmal am Todestage des Memnon flüssig wurde und mit Modergeruch dahinfloß. Die Winde hielten sich mit dem Leichnam nicht allzuhoch über der Erde und flogen mit ihm in die Quere dahin; die Aithiopier aber, die sich von dem erschlagenen Beherrscher nicht trennen wollten, folgten unten mit tiefem Stöhnen, bis sie den staunenden Troern und Argivern mit der Leiche aus den Augen schwanden. Die Winde setzten den Leichnam am Fuße des Flusses Aisepos nieder, dessen Töchter, anmutige Nymphen, ihm in einem lieblichen Haine ein Grabmal errichteten, wo ihn seine vom Himmel herabgestiegene Mutter Eos mit vielen anderen Nymphen unter heißen Tränen bestatten half. Auch die Troer, in ihre Stadt zurückgekehrt, beklagten den hohen Memnon herzlich. Die Argiver selbst empfanden keine ungetrübte Freude; sie priesen zwar den Sieger Achilles, den Stolz des Heeres, aber sie weinten auch mit Nestor um seinen lieben Sohn Antilochos, und so durchwachten sie unter Schmerz und Lust die Nacht auf dem Schlachtfelde.