EISEN IN GOLD VERWANDELT

Theophrastus Paracelsus, ein berühmter Arzt und Naturforscher, der in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts lebte, stand wegen seiner großen Gelehrsamkeit im Rufe, ein Zauberer zu sein. Viele Sagen berichten von seinen ungewöhnlichen Taten.

Einst ging der Doktor Phrastikus, wie ihn die Sage gerne nennt, auf Reisen; da trat er eines Tages in eine Schmiede ein und bot dem Meister seine Dienste als Geselle an. Dem Schmied kam die Hilfe sehr gelegen, da er gerade selber verreisen wollte. Er behielt also den neuen Gesellen und übertrug ihm ein gutes Teil Arbeit, die er während seiner Abwesenheit erledigen sollte. Wie erstaunte aber der Meister, als er von seiner Reise zurückkehrte und sehen mußte, daß der Geselle nichts Vernünftiges getan, sondern nur einen großen Teil des vorhandenen Eisens verhämmert und verdorben hatte. Da schalt er den Theophrast, daß er sich zu Unrecht als Schmiedegeselle ausgegeben und ihm nun durch seine Ungeschicklichkeit großen Schaden zugefügt habe. Aber Phrastikus lächelte nur über diese Vorwürfe und wollte dann erst zeigen, was er eigentlich könnte: er ging zum Amboß hin und verwandelte ihn vor den Augen des Schmiedes in eitel Gold, worauf der Schmied sich vor Staunen und Verwunderung nicht zu fassen wußte. Der Gelehrte aber sagte, er hätte nun wohl den Schaden wieder gutgemacht, den er ihm zugefügt hätte, so daß der Meister zufrieden sein könnte. Dann nahm er Abschied und ermahnte den Schmied noch ernstlich, daß er von seinem Reichtum einen klugen Gebrauch machen sollte.


Quelle: Oskar Ebermann, Sagen der Technik, o. J., S. 107