DER WURM VON LAMBTON

Der Erbe von Lambton hatte in seiner frühen Jugend beim Angeln statt eines Fisches einen häßlichen Wurm aus dem Flusse gezogen und in einen Brunnen geworfen. Dort wuchs der Wurm immer größer, und schließlich reichte der Raum im Brunnen nicht mehr für ihn. Er kroch aus ihm hervor und lag nun bei Tage in dem Flusse, aus dem ihn einst die Angel herausgeholt hatte, bei Nacht aber schlang er sich um einen Hügel, den er bald dreimal umschloß. Das Untier lebte nur vom Raube und war bald der Schrecken der ganzen Umgebung. Um es vor allzu argen Untaten abzuhalten, mußte es ständig mit Milch gefüttert werden, wozu die Milch von neun Kühen nötig war.

Der Erbe von Lambton war, seines bisherigen Lebens müde, inzwischen fort in den Krieg gezogen. Sieben Jahre war er ausgeblieben, und als er zurückkehrte, sah er mit Entsetzen, wie schlimm es um seine Heimat stand. Er erfuhr auch, daß wohl viele versucht hatten, den Drachen zu bestehen, ihr Wagnis aber mit dem Tode bezahlt hatten.

Da fragte der Ritter eine weise Frau um Rat, und diese hieß ihn, seinen Panzer dicht mit Speerspitzen zu besetzen. Mit dieser Rüstung, sein gutes Schwert in der Hand, griff nun der Held den Wurm an, der ihn sogleich mit seinem Schwänze umfaßte, um ihn so zu erdrücken. Je enger der Wurm aber die Schlinge zu ziehen suchte, desto tiefer drangen ihm die Speerspitzen in den Leib, sein Blut floß in Strömen, und es ermattete endlich so sehr, daß es dem Ritter gelang, es mit dem Schwerte zu durchhauen. So fand der Wurm sein Ende, und die ganze Gegend war von einem furchtbaren Feinde befreit.


Quelle: Oskar Ebermann, Sagen der Technik, o. J., S. 80