DER AUSGEBROCHENE KNOCHEN VOR GERICHT

Einst wurde zwischen den Dörfern Gontenschwil und Zetzwil ein toter Mann auf der Straße gefunden, der alle Spuren eines gewaltsam erlittenen Todes an sich trug. Als man dem vergebens nachgeforscht hatte, kam man auf den Einfall, der Leiche einen Knochen auszubrechen, und ihn an den Zug der Schloßglocke zu Lenzburg zu hängen, wo jeder läuten mußte, der beim Landvogt Recht oder Almosen suchte. Lange Jahre war der Knochen zwecklos so angebunden gewesen, als einmal ein bettelnder Greis die Schelle zog und plötzlich darüber mit Blut bespritzt war. Er wurde verhaftet und gestand, in seiner Jugend jenen Mann angefallen und ermordet zu haben.


Quelle: Deutsche Volkssagen. Hg. v. Leander Petzoldt, 2. Aufl. München 1978, S. 67