Der überlistete Teufel
2. Der schlaue Peterli

Einmal waren zu Peist im Graubündnerland in einem Wirtshause viele junge Burschen zusammengekommen, die sich mit Spielen und Schmausen unterhielten und sich eine gar lustige Nacht zu machen wußten. Es mag etwas zu übermütig hergegangen sein. Als sie am lautesten und ausgelassensten taten, ging, wie von einem Windstoß aufgeblasen, lautlos die Stubentüre auf, und herein trat ein grüngekleideter Fremder, der um Herberg nachsuchte, die ihm die Wirtsleute auch bereitwillig gewährten.

Danach setzte sich der Grüne unter die übermütige Gesellschaft der Jungburschen und begann es selber also toll zu treiben mit Spielen und Späßen, daß sie an ihm ihre heillose Freude hatten. Immer vertrauter wurde er mit ihnen, und zuletzt, als ihnen die Augenlider vom Weine schwer und der Sinn stumpf wurde, anerbot er sich lachend, die ganze große Zeche zu zahlen, wenn ihm der letzte, der die Stube verlasse, künftig mit Leib und Seele dienen wolle. Er sei auch gerne bereit, diesem daraufhin so viel Geld zu geben, daß er sein Lebtag genug habe.

Jetzt wurde es den ausgelassenen Jungen doch etwas seltsam. Sie glotzten einander erst stumpfsinnig an, und dann ward es mit einemmal Tag in ihren Köpfen. Sie merkten nun, wer ihnen die Zeche bezahlen wollte, und verwünschten den Augenblick, in dem der unheimliche Fremde zu ihnen in die Stube gekommen war. Aber nun kamen sie ihm nicht mehr aus, denn gutwillig wollte er nicht gehen, und ihn dazu zu zwingen, wagte keiner der vorher so tollen Burschen. Er sah bös aus, und alle zitterten für Leib und Seele.

Jedoch unter den Burschen war einer, dem immer noch etwas einfiel, wenn die andern nicht mehr wußten, wo aus und ein. Man hieß ihn nur den kleinen Peterli. Dieser erholte sich von seinem ersten Schrecken und dachte darüber nach, wie er der geängstigten Gesellschaft aus der Klemme helfen und dem Teufel, denn das war der Grüne, ein Schnippchen schlagen könnte. Auf einmal rief er, nachdem der Fremde die große Zeche bezahlt hatte, fröhlich lachend aus: "Du, Grüner, das ist leicht, aber dabei kommst du gewiß zu Schaden! Also, das Licht gelöscht, und der letzte, der die Stube verläßt, muß mit dir, basta!"

Jetzt wurde das Licht ausgelöscht, der Grüne stellte sich hart neben die Stubentüre, damit er den letzten, der ihm gehören sollte, flugs packen könnte.

Schier taghell schien der Mond in die Stube. Es war eine herrliche Nacht. Aber die jungen Burschen zitterten und dachten, die Sache werde wohl ein böses Ende nehmen. Nun mußten sie, ob sie wollten oder nicht, zur Stube hinaus. Weil aber keiner der letzte sein wollte, so losten sie um den Vortritt. Der kleine Peterli wußte es, ohne daß der Böse es merkte, einzurichten, daß das Los, die Stube zuletzt zu verlassen, ihn traf.

Einer um den andern verließ nun hochklopfenden Herzens die Stube. Schon war der zweitletzte draußen, da kam noch der kleine Peterli gegen die Türe als der letzte. Hohnlachend wollte sich der Teufel über ihn her stürzen, doch Peterli sagte: "Nur schön langsam, dort kommt noch mein Hintermann!" Und damit zeigte er auf seinen Schatten an der Wand. Rasch ließ der Satan von ihm ab und warf sich gierig auf den Schatten an der Wand. Aber als er den Betrug merkte, war der kleine Peterli schon draußen, und mit Blitz und Donner fuhr der dumme Teufel ab.

Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915.
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Bettina Stelzhammer, Jänner 2005.