181. Der Geldschatz vom Girenbüchel

Im Jahr 1792 hatte Richter Anrig, der Vater des Kassier Anrig im Töbeli zu Sargans, einen Knecht, der auf seinem Gute Atschen, welches zunächst an der Hochwand am Schollberge liegt, das Vieh besorgen mußte. Eines Tages nun kam er ganz hastig mit einer Tanse voll Milch nach Hause und verlangte, daß sie eiligst geleert werde; denn er müsse sogleich wieder zurück, um einen Geldschatz zu holen.

Anfänglich lachten die Hausgenossen darüber, wurden sodann aber mäuschenstille, als er erzählte, wie er, bei dem an der ältesten Schollbergstraße liegenden Girenbüchel angelangt, eine entzückende Geigermusik gehört und neben dem unergründlich tiefen Loch hinter dem Büchel eine mit den glänzendsten Kostbarkeiten angefüllte, jedoch von einer daneben sitzenden Kröte verhütete Kiste gesehen habe.

Diese Erörterung war hinreichend, die Leute gläubig zu machen, und zwei herzhafte Männer entschlossen sich, den Knecht zu begleiten.

Versehen mit allen nötigen Gerätschaften, zog man aus und kam dann auch wohlbehalten an bezeichneter Stelle an, um leer wieder abziehen zu können, weil da weder Musik noch Schatz mehr anzutreffen war.
J. Natsch.

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 181, S. 85
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, Mai 2005.