85. Das goldene Kegelspiel

Auch in Sax erzählt man von einem goldenen Kegelspiel, das bei der Ruine Hohen-Sax vergraben sein soll. Wenn die Freiherren nichts zu tun hatten und das Wetter schön war, gingen sie in den Hof, und der Kastellan stellte die goldenen Kegel auf. Die Kugeln waren auch aus Gold, und wie schön mag der Anblick gewesen sein, wenn die blitzenden Kugeln unter den goldenen Kegeln tüchtig aufräumten. Das Kegelspiel bildete den Schatz der Freiherren, der nie verkauft werden durfte. Nur der Schlossherr und der Kastellan wußten, wo die Kegel aufbewahrt wurden. Nun aber gab es einmal einen schlechten Schloßverwalter; als die Schloßherren im Krieg waren, stahl er das Kegelspiel und machte sich davon. Bald kamen aber die Freiherren nach Hause, und nun wurde Jagd auf den Untreuen gemacht; er wurde eingebracht samt seinem Raub. Der Dieb wurde hingerichtet, konnte aber im Tode keine Ruhe finden, sondern muß das Kegelspiel hüten und das auch jetzt noch, da die Burg zerstört ist. In mondhellen Nächten kommt er und stellt für einige Minuten das Spiel auf den gewohnten Platz im Burghofe, um es gleich nachher wieder zu verbergen.
K. Kappelei.

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 85, S. 39
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Irene Bosshard, April 2005.