Gruß an die Heimat.

Vor meinen Augen liegt der Heimatort,
Erglänzend in der Sonne letztem
Strahl; Hier Wiesen, Aecker und die trauten Häuser dort,
Am Fuß des Berges grün und kahl.

Dort seh ich dich, du trautes Elternhaus,
Von Rebland, Wies' und Feld umringet steh'n,
Dort gucken jedenfalls die Lieben all heraus,
Den Sohn und Bruder bald zu seh'n.

Er kommt ja bald, er läßt das Zögern sein,
Es treibt ihn unablässig nur zu euch.
Der Weg ist süß und führt ihn über Stein,
Durch Disteln nur und  Dorngesträuch.

Und dich, o Städtchen, von dem Obstbaumwald,
In Grün und Rot gehüllt, so wunderschön,
Dich, mit dem Römerturm so hoch und alt,
Dich darf ich heute — wiedersehn!

Dort sind die Reben an dem Bergeshang,
Die uns den feur'gen Wein schon lang gebracht.
Bei dem manch fröhlich Lied aus unsrer Brust erklang,
Der uns manch Stündchen kurz gemacht.

Ihr Wiesen dort, wo ich gespielt als Kind,
O gebt die Kinderjahre mir zurück!
Doch wer kann das, wenn sie verflossen sind;
Und wäre ew'ge Kindheit unser Glück?

O nein! Es wächst ja täglich unsre Pflicht!
Zum Wirken, Schaffen weiset sie uns hin,
Und  diese nun erfüllten Kinder nicht,
Sie heischt den starten  Männersinn.

Du Wald dort drüben, wo als Knab' ich oft,
Den Baum gefällt und Sang gehört in Ruh,
Von dir Hab ich auch einen Gruß gehofft
Und sieh! Du nickst mir freundlich zu!

O schönes Bild, die traute Heimat ganz
Mit einem einz'gen Blick so hergemalt!
Wie bleibst du Heimat stets in deiner Jugend Glanz,
Und wir vergehen, — werden alt.
von J. Kuoni †.

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Anhang S. 16
Digitale Version: © www.SAGEN.at