490. Der Hexenplatz bei Laupen.

Beim Weiler Laupen, in der Gemeinde Zuzwil, befindet sich in einem Wäldchen ein runder, mit Riedgras und einigen verkrüppelten Föhren bewachsener Platz. Dort sollen vor altem die Hexen der Umgegend ihre Versammlungen abgehalten haben. Ein Kaufherr aus Zuzwil, der mit Leinwand handelte und eines Abends vom Markte von St. Gallen heimritt, sah diesen Platz hell erleuchtet. Eine Menge Männer und Frauen saßen da  an  reichbesetzten Tischen, aßen und tranken und waren guter Dinge. Sie luden ihn ein, mitzuhalten. Wunderswegen ritt er näher und schaute dem Treiben vorerst eine Weile zu. Da sah er, daß alle möglichen guten Speisen aufgetischt waren, daß aber der Hauptbestandteil einer Mahlzeit, das Brot, fehlte. Der Kaufherr erinnerte sich, daß er noch ein Kreuzerbrötchen oder "Bürli" in seiner Rocktasche habe. Er langte es heraus und warf es auf einen der Tische. Sogleich stob die ganze Gesellschaft auseinander, und es wurde stockfinster. Der Kaufherr erkannte nun, daß dies eine Versammlung von Hexen gewesen, bekreuzte sich andächtig und ritt eilends nach Hause.
G. Keßler, (Schweiz. Archiv für Volkskunde.)

Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 490, S. 289
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